Rezension: DS9 – „Offenbarung – Teil 2“

Teil 2 der Geschichte macht qualitativ einen bedeutenden Sprung nach vorne. Und eines muss man S.D. Perry wirklich lassen: Alles rund um die bajoranische Religion, den Mystizismus und die eingängige Vermittlung doppeldeutiger und potenziell düsterer Prophezeiungen hat sie wirklich gut drauf.

Ebenfalls lobend erwähnen will ich, dass sie eine kleine Sonderbarkeit des ersten Buches ausbügelt. So fand ich dort Kira etwas out-of-character, als sie so bereitwillig Ohalus Prophezeiungen als Schwindel abgetan hat. Ihre Handlung in Teil 2 war schon deutlich mehr nach der Art, wie sie zu Kira passt: Mit mehr Vertrauen in die Propheten als in Vedeks (bzw. früher in eine bestimmten Kai). Die konträren Ansichten über das Buch von Ohalu waren aus Kiras, Yevirs und Ros Sicht gut beschrieben. Lediglich Kasidy Yates kam etwas zu kurz und ihre Überreaktion schiebe ich jetzt mal ihren Hormonen zu. 😀 Immerhin will sie sich als Frau des Abgesandten auf Bajor niederlassen. Was glaubt sie denn, wie ihr Leben so verlaufen wird? Sie sollte vielmehr damit rechnen, dass sie künftig wegen weit unwichtiger Dinge von den Bajoranern angesprochen werden wird.

Was Perry auf den letzten paar Seiten jedoch nicht gut bzw. plausibel hinbekommen hat, war der politische Aspekt der bajoranischen Religion. Meiner Meinung nach begeht Yevir mit Kiras Exkommunikation politischen Selbstmord nach seiner öffentlichen Ansprache, in der er sich ja ach so einsichtig gab.

Etwas schade finde ich auch, dass die Prophezeiung mit den 10.000 jetzt schon aufgelöst wurde. Hätte auch noch künftig Spannung erzeugen können. Diese Spannung zu erzeugen hat aber in „Offenbarung – Teil 2“ schon sehr gut funktioniert und die stimmungsvolle B’hala-Szene mit der Entdeckung des letzten Grabes – vor Jahrtausenden für die erst kürzlich verstorbene Istani Reyla angelegt – entschädigt auch dafür. Zudem ist der 2. Teil der Prophezeiung mit der Nebenhandlung rund um Jake ja noch aktuell. Für die Prophezeiungshandlung wünsche ich mir auf jeden Fall, dass mit ihr besser umgegangen wird, als in der TV-Serie, in der am Ende alles ziemlich zerfahren und unzusammenhängend war. Erst kürzlich habe ich mich diesbezüglich über die Staffel 6-Folge „Zeit der Abrechnung“ ärgern dürfen.

„Offenbarung – Teil 2“ ist ganz allgemein wesentlich temporeicher und unterhaltsamer geraten als noch der Vorgänger, wenngleich man sich nachträglich doch fragen muss, ob das erste Buch wirklich so lange auf die Geschehnisse im zweiten Buch hätte hinarbeiten müssen. Ich denke, das erste Buch zu halbieren (und ein wenig inhaltlich umstellen) und das zweite Buch direkt dranhängen hätte zu einem wesentlich besseren Gesamtwerk geführt. Wobei von einer „Zusammenführung“ nicht wirklich die Rede sein kann. Denn mit der Propheten-Handlung und der Geschichte rund um den Jem’Hadar gibt es eigentlich zwei sehr isolierte Handlungen, die keine Berührungspunkte haben.

Die Verfolgung von Kitana’klan und die Rettung der Station ist im Gegensatz zu der Action-Sequenz in Buch 1 schon bedeutend besser geschrieben. Absolut solide Action, wenngleich es zu einem absolute „Reißer“ aber nicht gereicht hat. Aber zumindest wird einem nicht langweilig. Ein Werkzeug zum Spannungsaufbau, auf das Perry auffällig häufig zurückgegriffen hat, ist die kurze Rückblende. Mindestens an drei prominenten Stellen geht sie nach einer Passage ein paar Minuten zurück und zeigt, was davor geschehen ist, um dann direkt fortzusetzen. Bis auf eine Stelle gelingt es ihr aber damit nicht, die Spannung aufrechtzuerhalten. Eher verschleppt sie die Handlung etwas. Zum Glück gehen diese Rückblenden aber nie besonders weit zurück und halten sich vom Umfang her in Grenzen. Dennoch hätte Perry durchaus komplett darauf verzichten können.

Fazit: „Offenbarung – Teil 2“ gelingt es gut, das Steuer herumzureißen und unterscheidet sich – den Propheten sei Dank – vom teilweise langatmigen und nicht gerade zielorientierten ersten Teil. Da es gut gelungen ist, den Weg für die folgenden Relaunch-Romane zu bereiten, gebe ich 5 von 6 Sterne.

Anmerkungen:

Natürlich entstand der Relaunch schon ehe „Enterprise“ die Andorianer etwas genauer beleuchten konnte. So fallen einem nach den ersten beiden Büchern ein paar Unstimmigkeiten auf, wie dass es Andorianer warm mögen. Und noch etwas ist seltsam: Obwohl sich die Andorianer bereits in TOS als sehr emotionell bezeichneten, erinnert mich Shar eher an einen Vulkanier, der darauf bedacht ist, seine Emotionen zu kontrollieren und nicht einmal lächeln kann. Perrys Beschreibung nach (wobei ich nicht weiß, wie sehr sie sich an vorher verfasste Romane gehalten hat) sind ihre Andorianer den Vulkaniern schon fast ZU ähnlich.

Auch die „Dominion-Krieg“-Romane, in denen Picard und Ro sich bereits wiederbegegnet sind, scheinen nicht von ihr berücksichtigt worden zu sein. Es ist lange her, dass ich die beiden TNG-Romane der Reihe gelesen habe, aber dort müsste es eigentlich schon zu einer Aussprache gekommen sein. Die Szene mit Ro und Picard im Sicherheitsbüro aus Ros Perspektive wäre demnach wohl obsolet. Aber die „Dominion-Krieg“-Romane sind ja auch aus einer anderen „Ära“ der Star Trek-Romane und selbst heutzutage gibt es immer wieder Ausnahmen, denn nicht jeder Roman muss sich unbedingt an die Roman-Kontinuität halten. Ich muss sagen, mir selbst ist es auch lieber, wenn ein Roman besser für sich allein steht und sich über den TV- und Kino-Canon ins Star Trek-Universum einfügt, als dass sich die Autoren auch noch durch Romane anderer Autoren in ihren Erzählungen einschränken lassen.

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