Rezension: VOY – „Unworthy“

„Unworthy“ setzt ziemlich genau da an, wo „Full Circle“ aufgehört hat und beschreibt grundsätzlich den Aufbruch der Voyager-Flotte in den Delta-Quadranten. Vorweg: Ich bemerke, dass mir der Schreibstil von Kirsten Beyer ziemlich gut gefällt. Wirklich prägnant, eindeutig, flüssig zu lesen ohne unnötige Ausschmückungen und jederzeit verständlich. Story-mäßig bleibt bei „Unworthy“ allerdings schon so manches unverständlich. 😉

Dazu aber später. Zuerst einmal zum Positiven: Der Beginn des Buches gefällt mir ziemlich gut, B’Elannas kleiner Abstecher nach New Talax und ihr Besuch bei Neelix waren wirklich eine nette Passage. Beim Gespräch zwischen B’Elanna und Neelix waren die Figuren sehr gut getroffen und kamen sympathisch rüber. Das scheint eine echte Stärke von Beyer zu sein: Sie scheint die Voyager-Charakter wirklich zu mögen. Das merkt man in der Art, wie sie über sie schreibt.

Ein kleiner Kritikpunkt wäre, dass ich angenommen hätte, dass New Talax ohnehin auf der Reiseroute der Voyager-Flotte gelegen hätte und sie einen diplomatischen Höflichkeitsbesuch abgestattet hätten. Allerdings erfolgte durch B’Elannas Rückkehr ins All eine gute Einführung der Indign und deren Ähnlichkeit und gleichzeitig Unterschied zum Borg-Kollektiv. Die Idee der Indign ist sehr interessant, diese Kooperative aus sechs Völkern war eine gute Idee, hier eine Gesellschaft zu erschaffen, die zwar vom Kollektivgedanken der Borg inspiriert wurde, aber deren Lebensart nicht völlig abkupferte.

Was am Beginn des Buches ebenfalls noch zu gefallen wusste, waren die Passagen mir Chakotey und Seven auf der Erde (plus Gastauftritt von Icheb). Die Traumsequenz … naja, das Indianerritual und das Akoonah mussten wohl als ziemlich mächtiges Instrument herhalten, weil einfach kein Vulkanier zu Hand war, der eine Gedankenverschmelzung durchführen hätte können. Daher kam mir das Ritual etwas übertrieben vor, aber die gut gelungene Sequenz der von Seven, Chakotey und Icheb geteilten Vision war schon ziemlich stark beschrieben. Kleines Manko ist, dass kurz danach der Eindruck erweckt wird, dass dieses Ritual die plagende innere Stimme in Seven endgültig zum Schweigen gebracht hätte. Das entspricht nicht den Tatsachen, was erst dann klar wird, wenn Chakotey und Seven als Zivilisten bitten, sich der Flotte anzuschließen.

Mit dieser Personenkonstellation und der ersten Erkundungsmission betreffend der Indign ist also eine gute Basis gelegt. Allerdings baut darauf eine nicht unbedingt gute Geschichte auf. Was mal ein grundlegendes Problem ist: Der Informationsaustausch! Die Handlung verteilt sich durch die Natur der Mission der Voyager-Flotte auf mehrere Schiffe. Hier sind es drei, die Voyager, die Galen und die Hawking und zusätzlich gibt es mit dem vierten Planeten im Indign-System (dem Neyser-Planeten) noch einen weiteren entscheidenden Schauplatz, der sich aber nicht mit dem Aufenthaltsort der Voyager deckt (Orbit des dritten Planeten, jener der Kooperativen). Das Problem ist an mehreren Stellen des Romans, dass manchmal Spannung daraus erzeugt wird, dass manche Leute nicht wissen, was an anderen Orten geschieht. Anderseits sind wiederum an anderen Passagen Leute erstaunlich gut informiert. Ich habe z.B. keine Ahnung, was Reg Barclay annehmen ließ, „Meegan“ wäre eine Waffe und sie wäre im Besitz anderer weggesperrter Bewusstseine. Grundsätzlich machen die Handlungen der Indign so gut wie gar keinen Sinn. Sie schicken das „Waffen-Bewusstsein“ (Wie kommen sie überhaupt auf „Waffe“? Was hätte das Bewusstsein an Bord der Voyager eigentlich tun sollen?), das Meegan übernimmt, an Bord der Voyager, wo es sich als eine Art Grußbotschaft tarnt. Dann erfahren wir aber, dass „Meegan“ Übles im Sinn hat. (Was den Leser wiederum an sämtlichen Informationen über die Indign zweifeln lässt, ganz allgemein über deren angebliche Friedlichkeit, obwohl sie den Borg Opfer zum Assimilieren anbieten. [Woher haben die bitteschön einen Ventu aufgetrieben ??? Sollte ein Ding der Unmöglichkeit sein.])

Meegan entpuppt sich als Dieb, begibt sich zum vierten Planeten (keine Ahnung wie, denn die Galen ist immer bei der Voyager im Orbit des dritten Planeten geblieben), schlachtet dort eine kleine Neyser-Kommune ab und stiehlt artverwandte Bewusstseine, wofür die Indign die Voyager wiederum verantwortlich machen. Häh? Geht’s noch? Wer hat „Meegan“ denn überhaupt erst zur Voyager raufgeschickt und den ganzen Schlamassel damit erst heraufbeschworen? Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich noch eine ganze Weile gefragt, warum diese eigentlich fortschrittliche und Warp-fähige Zivilisation für die Borg als der Assimilation unwürdig angesehen worden ist. Ihre kollektive Dämlichkeit dürfte aber die Erklärung liefern. 😀

Als eigenen Handlungsstrang kann man jenen rund um Admiral Batiste ansehen. Die Offenbarung seiner wahren Natur war schon echt überraschend, das ist wirklich gut gelungen. Anderseits war die Auflösung dieses Handlungsstrangs schon fast wieder zu leicht und ist eigentlich einfach als Maßnahme zu entlarven, die die Mitglieder der Voyager-Besatzung wieder an ihre vertrauten Positionen bringen soll. Dadurch, dass Eden aufsteigt (zur einfacheren Unterscheidung hätte man hier ruhig den Rang „Commodore“ wieder ausgraben können) und die Gesamtplanung der Mission von ihr übernommen wird, kann Chakotey wieder das Kommando über die Voyager übernehmen. Ein herber Rückschlag, da ich mich echt gefreut hatte, dass man sich in „Full Circle“ noch viel getraut hat und Chakotey sogar aus der Sternenflotte austreten ließ. Ich hatte da wirklich noch auf einen parallel verlaufenden Handlungsstrang auf der Erde oder zumindest im Alpha-Quadranten mit ihm und Seven gehofft. Wie Beyer diese mutigen Veränderungen in „Unworthy“ aber wieder relativiert ist fast schon feige. Zumal mir das Gespann Batiste-Eden an der Spitze der Mission gefallen hat. Ich werde den Admiral vermissen.

Tja, was gebe ich für eine Note? Die Grundprämisse hat mir voll zugesagt. Gegen Ende hin, Richtung Auflösung, ist die Story aber ziemlich desaströs geworden. Dabei hat sich das eigentlich lange Zeit angekündigt und ich habe mir berechtigte Hoffnungen gemacht, dass alles auf eine große Offenbarung hinausläuft, die all die losen Enden verbindet. Fehlanzeige. Am Ende bleibt „Unworthy“ ein Roman, der die mutigen Schritte des tollen Vorgängers stark relativiert und nachträglich betrachtet wohl alleine dieses Vorhaben als Ziel gehabt hat. Die eine oder andere Macke der Geschichte kommt auch noch hinzu (wohl um mit „Meegan“ einen wiederkehrenden Bösewicht zu haben). So bleiben am Ende nur noch 2 von 6 Sternen zu vergeben. Für sich allein stehend hätte ich dem Roman sicher zumindest einen Stern mehr gegeben, aber in einer fortlaufenden Reihe muss ich einfach auch berücksichtigten, dass „Unworthy“ an der gerade im Vorgängerband frisch etablierten Basis herum werkt. Und für meinen Geschmack eher zum Schlechteren als zum Besseren.


Noch ein paar Anmerkungen:

Die Home Free (ein Slipstream-Shuttle, das B’Elanna in „Full Circle“ heimlich und privat gebaut hat) ist echt ein technisches Wunderwerk. Jetzt scheint die von B’Elanna privat entworfene Rekristallisierungsmatrix offenbar die Lösung des Benamit-Problems der Voyager-Flotte zu sein. (Dabei hätte man hier eine tolle Prämisse für ein sich durch die Reihe ziehendes Problem gehabt mit der Gefahr, wieder im Delta-Quadranten zu stranden.) Mir hat es bei „Full Circle“ ein wenig übel aufgestoßen, dass B’Elanna überhaupt ein Slipstram-fähiges Raumschiff in einer privaten Werkstatt bauen konnte. Jetzt wird es aber ein bisschen viel. Der Slipstream-Antrieb der Home Free ist ohnedies völlig „zufällig“ nützlich, da das Schiff einen solchen Antrieb nach erster Planung von Tom und B’Elanna nie gebraucht hätte. Dass sich B’Elanna mit Tom im Delta-Quadranten wieder trifft, war ja nie vorgesehen. Sie hätte das Jahr mit Miral genausogut in irgendeinem unerforschten Winkel im Alpha-Quadranten verbringen können und sich mit der Voyager – wie Chakotey und Seven – bei Deneva treffen können.

Und warum schreiben eigentlich so viele Autoren, dass Phaser-Strahlen von Föderationsschiffen blau wären? Ich habe schon vor Jahren mal einen Roman (TNG-Ära natürlich) gelesen, wo die Strahlen als blau anstatt orange beschrieben wurden. Da habe ich mir noch nichts dabei gedacht, war vielleicht ein Versehen. Aber dann ist mir dieses Phänomen vermehrt aufgefallen. Verschiedenste Autoren in verschiedensten Roman-Reihen beschrieben Sternenflotten-Phaser als blau. Und ab „Unworthy“ tut es auch Kirsten Beyer.

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