Der 2. Roman der ebook-Miniserie „Slings and Arrows“ ähnelt dem 1. Roman insofern, dass auch diesmal ein Nebencharakter aus den „The Next Generation“-Kinofilmen im Mittelpunkt steht und dass die Handlung thematisch an die Serie „Deep Space Nine“ anknüpft.
„The Oppressor’s Wrong“ ist zeitlich parallel zur DS9-Doppelfolge „Die Front“/“Das verlorene Paradies“ angesiedelt. Infolge eines Bombenanschlags auf der Erde – durch den Captain Sisko von der Raumstation Deep Space 9 zur Erde zurückbeordert wurde – wird der auf der Erde stationierte Lieutenant Daniels im Gegenzug mit einem Spezialistenteam zu den verschiedensten Einrichtungen der Sternenflotte beordert, um dort nach vergleichbaren Bomben zu suchen. Zuerst auf Deep Space 9 und dann auf der Enterprise – während des Flugs zur Sternenbasis 375 – gelingen wichtige Durchbrüche, weshalb Daniels zuversichtlich ist, die Komponenten ähnlicher Dominion-Bomben zu entdecken. Doch kaum geht die Enterprise nahe der Sternenbasis unter Warp, eröffnet diese plötzlich das Feuer auf das Schiff und zerstört dabei dessen Sensorphalanx. Angeblich hat ein Missverständnis dazu geführt und zudem ist der befehlshabende Admiral der Sternenbasis auch unauffindbar … bis eine Bombe auf der Station explodiert und der Admiral das einzige Todesopfer zu sein scheint.
Fazit: Fast 25 Jahre nach der Erstausstrahlung der erwähnten DS9-Doppelfolge erzähle ich wahrscheinlich den meisten Lesern dieses Blogs keine Neuigkeit, wenn ich verrate, dass es darin um eine Verschwörung innerhalb der Sternenflotte ging, die das Ziel verfolgte, dem Dominion weitere Bombenattentate in die Schuhe zu schieben und unter diesem Vorwand unpopuläre Sicherheitsmaßnahmen in der Föderation umzusetzen, die die Freiheitsrechte ihrer Bürger einschränkten.
„The Oppressor’s Wrong“ beschreibt einen Nebenschauplatz dieses Konflikts, der wie die DS9-Folge ebenfalls die Verschwörung aufdeckt. Federführend dabei ist der Bombenexperte Lieutenant Daniels, den wir in den Star Trek-Kinofilmen „Der Erste Kontakt“ und „Der Aufstand“ als Sicherheitsoffizier und taktischen Offizier auf der Enterprise-E gesehen haben.
Daniels wird eigentlich als unwissende Marionette der Verschwörer eingesetzt, um Belege dafür zu liefern, dass die Bomben vom Dominon stammen und zeitgleich um ihn von der Erde zu schaffen, damit er von den Vorkommnissen dort nicht zu viel mitbekommt. (Der Roman erwähnt, dass er eigentlich in der Division für planetare Operationen in Lissabon arbeitete, dem Ziel eines Sabotageakts der Verschwörer in der DS9-Episode.)
Insofern ist dieser Roman wirklich vollgestopft mit Easter Eggs, man bekommt einige Besatzungsmitglied von Deep Space 9 als auch die gesamte Crew der Enterprise im Einsatz zu sehen und dazu noch das Spezialistenteam. Das sind allerdings für einen so kurzen Roman zu viele Personen und das allein auf der Seite der „Guten“. Um die Personenkonstellation noch unübersichtlicher zu machen, verschleiert der Roman am Beginn recht gezwungen die Identität der Verschwörer auf eine derart nebulöse Weise, dass man anfangs gar nicht weiß, was überhaupt los ist und welchen Sinn diese Passagen haben.
Ein ebenfalls nicht gerade großes Lesevergnügen bereiten die mitunter ausgedehnten Passagen, in denen fast ein Dutzend Ingenieure probieren, Schiffssensoren mit dem Holodeck zu verbinden um irgendwie womöglich vorhandene Bombenbestandteile aufzuspüren. Ich habe nicht wirklich verstanden, was das Problem war und welche Rolle das Holodeck dabei gespielt hat, außer einen visuell beeindruckenden, dreidimensionalen Riesenbildschirm darzustellen. Ich habe die Notwendigkeit nicht erkannt, denn normalerweise sagte man den Sensoren quasi einfach „Suche nach …“ und dann meldete der Offizier an der Konsole einfach ob die Sensoren fündig wurden und wenn ja, an welchen Koordinaten. Hologramm-Technologie war hierfür noch nie notwendig, aber wohl fast ein Viertel des Romans geht mit technischem Geplapper drauf, wie man das Holodeck mit den Sensoren verbinden kann und welche Hürden es dabei zu überwinden gibt.
Eine kleinere Nebenhandlung, in der Daniels dem seit rund einem Jahr mit Emotionen ausgestatteten Commander Data dabei hilft, seine Kreativität – die der Androide seit seinem Upgrade als „nicht perfekt“ einstuft – auszuleben, hat mir wiederum gefallen und grundsätzlich gelingt es der Autorin auch sehr gut, Daniels zu einem sympathischen Charakter mit gut entwickeltem Background zu machen. Dabei ist er kein besonderer Mensch, sondern einfach ein Jedermann, zu dem man leicht einen Bezug herstellen kann.
Eine Szene relativ am Beginn des Romans hat mich doch etwas irritiert. Nämlich ein Gespräch zwischen Captain Picard und Captain Sisko. Wir erinnern uns: Im Pilotfilm der Serie „Deep Space Nine“ hegte Sisko noch einen ziemlich starken Groll gegen Picard für dessen unfreiwillige Rolle bei jener Schlacht, in der Sisko seine Ehefrau verlor. Am Ende des Pilotfilms schien Sisko seinen Groll überwunden zu haben, aber da deutete sicher noch nichts darauf hin, dass eine Freundschaft zwischen den beiden entstehen könnte. Wie die beiden in diesem Roman miteinander reden, ist für meinen Geschmack aber viel zu nett und persönlich. Das ist kein Smalltalk mehr, sondern gerade Picard scheint über Siskos Privatleben viel zu wissen und es ihm offen darlegt. Irgendwie passte das nicht so recht mit der Vorgeschichte der beiden überein.
Bewertung: Der Roman ist leider etwas konfus erzählt. Einzelne Handlungsstränge sind okay und im Grunde passt auch die Auflösung ganz gut als Parallelgeschichte zur oben erwähnten DS9-Doppelfolge. Aber die erste Hälfte ist meiner Meinung nach ein ziemliches Durcheinander mit merkwürdiger Schwerpunktsetzung auf die Technologie. Daher gebe ich dem 2. Teil von „Slings and Arrows“ nur 2 von 6 Sterne.