Rezension: DSC – “The Enterprise War“

Die erste Staffel von „Star Trek Discovery“ behandelte einen Krieg zwischen der Vereinigten Föderation der Planeten und dem Klingonischen Imperium in der Mitte des 23. Jahrhunderts. Ein Konflikt, der eigentlich auch die berühmte U.S.S. Enterprise auf den Plan rufen sollte, doch wie wir in Staffel 2 der Serie erfahren haben, war dieses Raumschiff nicht am Krieg beteiligt. Warum, erzählt uns John Jackson Miller in seinem Roman „The Enterprise War“.

enterprise_war_cover

Als der Krieg mit den Klingonen ausbricht, ist die Enterprise viele Lichtjahre entfernt auf einer Forschungsmission im Pergamum-Nebel. Sobald die Nachricht eintrifft, plant Captain Pike die sofortige Rückkehr zur Föderation, um der Sternenflotte beizustehen, doch Admiral Terral erteilt ihm ausdrücklich den Befehl, auf der „Ersatzbank“ zu bleiben und die einjährige Forschungsmission im Pergamum fortzusetzen. Widerwillig fügt sich Pike und gestattet seinem Wissenschaftsoffizier Spock, eine ausgedehnte Erkundung eines unbewohnten Klasse-M-Planeten im Nebel vorzunehmen. Wochenlang gehen die wissenschaftlichen Landetrupps ungestört ihrer Arbeit nach, als die Enterprise ohne Vorwarnung von unbekannten Raumschiffen angegriffen wird. Es gelingt zwar, die Angreifer zu vertreiben, aber Captain Pike, Commander Una und der Rest der an Bord verbliebenen Offiziere müssen mitansehen, wie an sämtlichen Landestellen der Wissenschaftler nukleare Explosionen alles Leben auslöschen. Dutzende Besatzungsmitglieder tot – einschließlich Spock!

Das ist zumindest das, was Captain Pike denkt. Denn im Gegensatz zum Leser des Romans weiß er in diesem Moment nicht, dass im Peragmum seit Jahrhunderten ein erbarmungsloser Krieg zwischen der nicht-humanoiden Spezies der Rengru und einem Zusammenschluss mehrerer Völker, die sich als die „Boundless“ bezeichnen, wütet. Anders als in der Föderation sind aber viele Mitglieder nicht freiwillig Teil der Boundless. Diese Gruppe hat sich darauf spezialisiert, durch den Nebel reisende Raumschiffe zu entern und deren Besatzungen für den Kampf gegen die Rengru zu rekrutieren. So geschieht es auch mit Spock und den anderen Wissenschaftlern, die unmittelbar vor den Nuklearexplosionen von den Boundless verschleppt wurden. Aber diesmal sind die Boundless nicht nur hinter neuem Kanonenfutter her, sondern planen auch die Aufbringung der Enterprise selbst, ist sie doch das technologisch fortschrittlichste Schiff, das jemals den Nebel durchquert hat. Und ausgerechnet Spock soll für die Boundless einen Plan ersinnen, um die Enterprise aufzubringen und lässt sich dabei auf einen gefährlich Deal ein – zumindest dem Anschein nach …

Fazit: „The Enterprise War“ liest sich nicht unbedingt wie ein typischer Star Trek-Abenteuerroman, sondern eher wie die Geschichte einer ganzen Staffel oder Mini-Serie mit fortlaufender Handlung und aufeinander aufbauenden Episoden mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Im Verlauf von einem mehr als einjährigen Zeitraum, den die Geschichte des Romans abdeckt, wird die Enterprise und ihre Crew mit einer Menge Herausforderungen konfrontiert, wie man sie in einer feindseligen Umgebung wie dem Pergamum-Nebel erwarten kann. Erstaunlich ist, dass manche von diesen Herausforderungen so gravierend sind, dass die auf Enterprise und Boundless verteilte Crew auch über erschreckend lange Zeiträume schon beinahe psychische und teils auch physische Höllenqualen erleiden. Bei Spock sind diese sogar so nachhaltig, dass der Autor sie in direkten Zusammenhang mit den Ereignissen der zweiten „Discovery“-Staffel setzt.

Da immer wieder auf den laufenden Krieg mit den Klingonen eingegangen wird und Vorarbeit für den bestimmenden Handlungsstrang der zweiten Staffel geleistet wird, fällt es von Anfang an schwer, die Geschichte vor dem geistigen Auge mit der Ur-Besatzung der Enterprise zu visualisieren. Nicht jeder Leser stellt sich die Ereignisse visuell vor, aber ich selbst mache das eigentlich sehr gerne und auch wenn ich es passagenweise versucht habe, fiel es mir schwer, mir Jeffrey Hunter, Majel Barrett und Leonard Nimoy vorzustellen. Aber das ist auch kein Kriterium, „The Enterprise War“ macht ja bereits auf dem Umschlag klar, dass es ein Tie-in zu „Discovery“ und nicht zu „The Original Series“ darstellt. Mit einer so direkten Anknüpfung – die Vorarbeit zur 2. Staffel von „Discovery“ kann durchaus aus die größte Nebenhandlung des Romans bezeichnet werden – hatte ich nur nicht gerechnet, aber sie gibt zumindest einer sehr ominösen Rückblickszene in der Serie einen guten Kontext, der mir in der Serie selbst gefehlt hat.

dsc-208-trail-mbvision-0c-spockmask

Diese Rückblickszene in der 8. „Discovery“-Folge der 2. Staffel hat einige Fragen aufgeworfen, die der Roman „The Enterprise War“ beantwortet.

Wie zu erwarten war, spielen die etablierten Charaktere auch die wichtigsten Rollen. Neben Pike auch Commander Una (deren Name, der in der „Legacies“-Romantrilogie fixiert wurde, auch in den Kanon übernommen wurde), natürlich Spock und auch Doktor Boyce. Daneben spielt aber auch Wissenschaftsoffizier Connolly eine tragende Rolle und man bekommt ein sehr gutes Charakterbild von einer Figur, von der man in der Serie nicht viel zu sehen bekam. Ein ganz neuer und ebenfalls wichtiger Charakter auf der Seite der Boundless ist der Lurianer Baladon. Er gehört zur Spezies des aus „Deep Space Nine“ bekannten Morn und steuert nicht nur etwas Humor bei, sondern verkörpert auch ein Beispiel dafür, dass die Eingliederung in die Boundless für manche Entführte auch positive Effekte haben kann. Aber so sehr sich Spock und Connolly zwangsläufig an die Gegebenheiten anpassen, gibt es nie eine echte Image-Politur für die Boundless – was auch angesichts der Auflösung der Geschichte am Ende in Ordnung ist. Diese Auflösung fand ich übrigens ziemlich originell und gleichzeitig in bester „Star Trek“-Tradition.

Bewertung: „The Enterprise War“ hat also einen insgesamt sehr positiven Eindruck hinterlassen. Als größten Nachteil empfand ich aber den Spannungsaufbau. Es gibt aufgrund der Unterteilung in mehrere Segmente einige Spannungsspitzen, dazwischen wird die vergehende Zeit aber manchmal etwas langatmig erzählt. Das passiert nicht in besonders extremen Ausmaß, aber die auffallende Kürze der Kapitel (in Summe 74 exkl. Prolog und Epilog) hat es mir doch sehr leicht gemacht, das Buch relativ oft aus der Hand zu legen und eine Pause zu machen. Daher habe ich auch relativ lange für diesen Roman benötigt, was trotz der Spannungsspitzen nicht für ein konstant hohes Spannungsniveau spricht. Ich schwanke, ob ich dem Roman 4 oder 5 Sterne verleihen soll, aber ich denke, im Vergleich zu anderen von mir rezensierten „Star Trek“-Romanen sind starke 4 Sterne angebrachter.

4stars

Hinterlasse einen Kommentar