Review: „Star Trek – Der Erste Kontakt“

Nach dem etwas holprigen ersten Film startet die TNG-Crew mit ihrem zweiten Kinofilm so richtig durch. Griff der siebente Film noch mehrere Handlungsstränge aus der Serie auf und verwob sie in eine Story rund um ein unbekanntes Raumphänomen, geht es in „Der Erste Kontakt“ zwar auch gegen einen aus der Serie bekannten Feind, aber der steht dafür völlig im ungeteilten Rampenlicht und wirkt bedrohlich wie nie zuvor: die Borg!

Handlung: Mit einem Alptraum wird Captain Picard auf die Nachricht vorbereitet, die ihn ereilen sollte: Die Borg, der gefährlichste Feind der Föderation, hat eine neue Invasion gestartet. Entgegen den Befehlen des Oberkommandos nimmt auch die Enterprise-E an diesem Kampf teil und Captain Picards Erfahrung mit dem Feind – er wurde einst selbst von den Borg assimiliert und gezwungen, sie bei einer Jahre zurückliegenden Invasion zu unterstützen – ist es zu verdanken, dass der gewaltige Borg-Kubus in unmittelbarer Nähe der Erde zerstört werden kann. Der Explosion im letzten Moment entkommen kann ein kleines Borg-Schiff, das einen Tunnel durch die Zeit öffnet und die Vergangenheit der Erde verändert. Geschützt durch den langsam kollabierenden Tunnel sieht die Enterprise-Crew eine schon vor langer Zeit assimilierte Erde. Was immer die Borg in der Vergangenheit verändert haben, muss verhindert werden und so folgt die Enterprise-E den Borg ins Jahr 2063. Jenes Jahr, in dem Zefram Cochrane den ersten Überlichtflug der Menschheit durchführte, der zum Ersten Kontakt zwischen Menschen und einer außerirdischen Spezies führte. Während ein Außenteam auf der Erde versucht, den von den Borg durch eine Bombardierung angerichteten Schaden zu beheben, müssen Captain Picard, Data und Worf an Bord der Enterprise gegen Borg-Drohnen und ihre Königin ankämpfen.

Fazit: Das zweite Kino-Abenteuer der „The Next Generation“-Crew sieht schon wesentlich deutlicher wie ein Kinofilm aus. Nichts gegen David Carsons Inszenierung von „Treffen der Generationen“, aber das Drehbuch verlangte einfach nach aus der Serie bekannten Sets und bekannten Charaktere und Themen. Bei „Der Erste Kontakt“ gab es keine so großen Beschränkungen. Zwar greift die Story mit den Borg und mit Zefram Cochrane zwei bekannte Elemente aus den Serien auf (Cochrane sogar aus der Originalserie), aber sie sind essentielle Bestandteile der Geschichte, ähnlich wie beim zweiten TOS-Kinofilm „Der Zorn des Khan“, in dem auch ein Gegenspieler aus der Serie genommen wurde, aber durch neue Story-Elemente ergänzt wurde (im Fall von Khan durch das Rachemotiv und die Möglichkeiten, die ihm ein eigenes Raumschiff bot). Die Borg, jene kybernetischen Wesen, die nach der Unterwerfung und Assimilation ihrer Feinde streben, haben nicht nur einen optischen Aufputz bekommen. Erstmals greifen sie auf die Möglichkeit von Zeitreisen zur Erreichung ihrer Ziele zurück und mit der Einführung einer Königin wird die Analogie zwischen dem Borg-Kollektiv und einem Bienenstaat komplett.

Mit der Borg-Königin erhielt das Borg-Kollektiv eine interessante Erweiterung.

Mit der Borg-Königin erhielt das Borg-Kollektiv eine interessante Erweiterung.

Damals und heute: Eine Borg-Drohne im Jahre 1989 und eine im Jahr 1996.

Damals und heute: Eine Borg-Drohne im Jahre 1989 und eine im Jahr 1996.

Damals und heute: Zefram Cochrane 1967 (dargestellt von Glenn Corbett) und 1996 (James Cromwell).

Damals und heute: Zefram Cochrane 1967 (dargestellt von Glenn Corbett) und 1996 (James Cromwell).

Auch Zefram Cochrane, den man unter sehr ungewöhnlichen Umständen in der TOS-Episode „Metamorphose“ kennengelernt hat, ist in dieser Epoche auch nicht ganz so, wie man es erwartet hatte. Er ist nicht der strahlende Visionär und Weltverbesserer, für den er in der Zukunft gehalten wird, sondern ein Trunkenbold, der mit seiner Erfindung nur viel Geld machen will, um sich auf einer „tropischen Insel voller nackter Weiber“ zur Ruhe zu setzen. Diese Darstellung von Zefram Cochrane wird auch gerne als Seitenhieb auf den „Star Trek-Visionär“ Gene Roddenberry interpretiert, der auch so seine Fehler hatte. Einer zum Beispiel war die Vorgabe, Konflikte innerhalb der Crew außen vor zu lassen. Eine Vorgabe, an die sich „Der Erste Kontakt“ zum Glück nicht hält. Gerade die Spannungen (bestes Beispiel Picard und Worf) zwischen den bekannten Charakteren lassen die Lage auf der Enterprise noch ernster erscheinen und machen Datas vermeintlichen Sinneswandel im Rahmen dieser Geschichte ebenfalls glaubwürdig.

„Der Erste Kontakt“ wird von zwei Handlungssträngen dominiert. Da ist einerseits die Rahmenhandlung mit der Borg-Invasion und ihren Versuch, die Vergangenheit zu ändern. Und anderseits sind da die Geschehnisse auf der Erde. Ist die Borg-Bedrohung sehr düster und ernst inszeniert, sorgt der Ausflug auf die Erde für angenehm heitere Entlastung. James Cromwells Cochrane ist einfach ein starker, ambivalenter Charakter, bei dem die Erwartungshaltung der Protagonisten nicht weiter vom Original entfernt sein könnte. Solche Charaktere, die ganz offen nicht  den Star Trek-Konventionen entsprechen, haben in der Serie „The Next Generation“ gerne mal die Hauptprotagonisten ziemlich blass, ernst und humorlos im Vergleich aussehen lassen. Das ist zum Glück bei „Star Trek – Der Erste Kontakt“ nicht der Fall. Betreffend Charaktere hebt sich dieser Film erfrischend von der Serie ab. Sie wirken viel lockerer (auch wenn es im Falle von Deanna Troi einige Gläser Tequila braucht 😉 ) und dadurch auch nahbarer. Was mit ihnen passiert, interessiert dadurch gleich viel mehr und das ist auch wichtig, denn die Story – sei es der Teil mit dem Kampf gegen die Borg oder der Culture Clash auf der Erde – baut einfach stark auf Emotionen auf.

Frisch wirkt der Film auch optisch und macht mit der Präsentation der Enterprise das richtig, was im Vorgängerfilm noch gehörig schief gegangen ist. Wir sehen die Enterprise in voller Pracht von außen, sehen die neuen Sets und die Uniformen und Ausstattungsteile. Man merkt auch hier eine Gemeinsamkeit zwischen dem 2. TOS-Kinofilm und dem 2. TNG-Kinofilm: Wie Nicholas Meyer lässt auch Regisseur Jonathan Frakes die Enterprise und die Sternenflotte allgemein etwas militärischer wirken. Die Oberflächen im Schiffen sind metallischer, wirken härter, die neuen Uniformen sind schwarz-grau mit Schulterpolstern, die primären Handfeuerwaffen sind nicht mehr die Handphaser, sondern Gewehre.

So macht man einen richtigen

So macht man einen richtigen „Establishing Shot“: Die Enterprise-E fliegt hinter einer Nebelschwade hervor und fliegt einen eleganten Bogen, damit man das Schiff gleich von mehreren Perspektiven sehen kann. Der parallel dazu gesprochene Logbuch-Eintrag Picards gibt zudem in diesen ersten Filmminuten alle relevanten Infos wieder, die zur Ausgangssituation des Films führen.

Auch die Frischzellenkur der Borg hat sich ausgezahlt. Sie sehen wesentlich bedrohlicher und angsteinflößender aus als in der Serie. Wenn man aber Ricardo Delgados Skizzen kennt (siehe hierzu das Sketchbook, das auch allgemein eine tolle Ergänzung zum Film darstellt), dann sieht man auch, dass hier sogar noch mehr möglich gewesen wäre. Delgado, der bereits das cardassianische Design für „Deep Space Nine“ erschuf, entwarf Borg, die eher an Kreaturen von HR Giger erinnern („Alien“).

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Meine Lobeshymnen auf diesen Film sind schon recht laut, aber ein paar negative Aspekte möchte ich auch erwähnen und damit meine ich nicht die oft zitierte Logikfrage, warum die Borg nicht einfach unbeobachtet im Delta-Quadranten schon die Zeitreise vornehmen. Solche Detailfragen habe ich in den vorangegangen Reviews auch nicht behandelt, da man hier sicher diverse Erklärungen nachreichen kann und man als Trekkie aus einem riesigen Canon schöpfen kann, um diese für sich selbst zu finden. Nein, die Story ist schon wirklich spannend, verbindet viele bekannte SciFi- und Star Trek-Elemente auf eigenständige Weise, ohne dass sie wie Rückgriffe auf Elemente aus der Serie wirken (Gegenbeispiel „Star Trek – Treffen der Generationen“). Negativ ist für mich viel mehr, dass der Film nicht besonders gut gealtert ist. 1996 hat er großartig ausgesehen und geklungen. Aber in den Jahren danach wurde das „Erbe“ des Films schon ordentlich verteilt. Der Look der Borg, die Uniformen und Raumanzüge, die Ausstattung … das wurde von den TV-Serien „Deep Space Nine“ und „Voyager“ übernommen und dadurch, dass dieses Design Teil der TV-Optik dieser beiden Serien wurde, wirft das auch rückwirkend einen Schatten auf „Der Erste Kontakt“, wobei es keine Rolle spielt, dass der Film diese Designs zuerst hatte. Aber die zeitlich parallel angesiedelten Serien haben „Der Erste Kontakt“ (aber noch viel mehr die beiden folgenden Filme) optisch etwas abgewertet. Das trifft auch auf Jerry Goldsmith’s Score zu, der den Film sehr abwechslungsreich musikalisch untermalte, mit zwei sehr unterschiedlichen Themen zur Borg-Bedrohung und zum Erstkontakt (dieser Teil wurde durch das Einstreuen von Rock’n’Roll weiter aufgepeppt). Aber diese Musikstücke – sicher auch weil sie so gut in „Der Erste Kontakt“ funktioniert hatten – waren prägend für Jerry Goldsmith und so verwendete er diese Klänge in den folgenden Jahren sehr häufig wieder. Hört mal bei „Air Force One“, „Auf der Jagd“ oder „Star Trek – Der Aufstand“ genau hin, dann werdet ihr manches Déjà vu erleben.

Natürlich kann „Der Erste Kontakt“ nichts dafür, was später von ihm inspiriert oder sogar direkt übernommen worden ist. Aber ganz verdrängen kann ich es beim Sehen des Films auch nicht. Und auch ein paar Längen sind schon drinnen, so bleibt immer noch erstaunlich viel Zeit, die Lage zu diskutieren, während die Borg gnadenlos auf den unteren Decks weiter voranstürmen und ständig näher kommen. Und der Vortrag, wie viel besser die Menschheit doch seit dem 21. Jahrhundert geworden ist, ist natürlich typisches arrogantes „The Next Generation“-Gehabe, das aber zum Glück in diesem Film einen gehörigen Dämpfer bekommt, wenn man sieht, wie Picard wirklich tickt und dass die Menschheit im 24. Jahrhundert sich nur einredet, „besser“ geworden zu sein.

Bewertung: Es ist am Ende nur eine Summierung von Kleinigkeiten, die die Höchstnote verhindert. Aber „Der Erste Kontakt“ erhält von mir noch immer gute 5 von 6 Filmrollen und gefällt mir derzeit sogar besser, als nach den letzten paar Malen, als ich den Film doch deutlich kritischer gesehen habe.

5rolls

Anmerkung:

Alle Bilder in meiner Rezension stammen von http://www.trekcore.com/ mit Ausnahme der Skizzen von Ricardo Delgado, die aus dem erwähnten Sketchbook stammen. Neben diesem Buch gibt es übrigens noch ein sehr gutes „Making of Star Trek – Der Erste Kontakt“, das einst beim Heel-Verlag erschien.

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