Rezension: VOY – “String Theory: Book 3 – Evolution“

Das Finale der „String Theory“-Trilogie geht ebenso wie die ersten beiden Romane in eine neue Richtung. Lernten wir im ersten Roman „Cohesion“ noch viel über die Monorhaner, die ein ungewöhnliches Raumgebiet im Delta-Quadranten bewohnen, fokussierte sich der zweite Roman „Fusion“ auf das Mysterium einer Raumstation am Rande des Sonnensystems und um die Rolle der Nacene (die Spezies des Fürsorgers), die dieses Raumgebiet als eine Art Übergangsbereich zwischen ihrer Heimatdimension Exosia und dem normalen Weltall erschaffen haben. Im dritten Roman „Evolution“ führt uns die Autorin Heather Jarman sowohl in das Q-Kontinuum und den von ähnlich mächtigen Wesen bewohnten pandimensionelen Raum, als auch in die ferne Vergangenheit des Planeten Ocampa an der Schwelle zu einer verheerenden Dürre.

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Am Ende von „Fusion“ war der holografische Doktor verschwunden. Nun erfahren wir, dass er versehentlich nach Exosia gezogen wurde und da Photonen dort enorme Macht auf die Beschaffenheit dieser Dimension nehmen und die Nacene dort ihre ganze Existenz dem Behüten der kosmischen Strings und deren Ordnung verschrieben haben, ist deren Anführerin Vivia überhaupt nicht glücklich über die Anwesenheit des Doktors. Die schlägt ihm einen Deal vor: Sie schickt ihn zurück zur Voyager, wenn er vorher – in organischer Gestalt – in die Vergangenheit reist, um dort den einstigen Anführer der rebellischen Nacene aufzuspüren, damit es zum sich anbahnenden Konflikt mit den heutigen Rebellen – angeführt von „Phoebe“ – gar nicht erst kommt. Trotz Bedenken was die Zeitlinie angeht und was Vivia mit dem Rebellenführer machen wird, stimmt der Doktor zu und findet sich plötzlich tausend Jahre in der Vergangenheit auf Ocampa und in der Rolle des engsten Beraters einer Kriegsherrin, in deren Armee sich „The Light“ (so der Name des abtrünnigen Nacene) aufhalten soll.

Auch Tom Paris und Harry Kim waren im Laufe von „Fusion“ während eines Testflugs mit einem Shuttle verschwunden. Schuld daran war aber keine Fehlfunktion des kleinen Schiffes, sondern die Intervention von Q, der die beiden auf eine Mission schickt: Sie sollen in Qs Auftrag einen Halb-Nacene ausfindig machen – den Sohn von „The Light“ mit Namen „Keeper of the Light“ oder kurz Kol. Er war einst Gast im Q-Kontinuum – studierte mit seiner Kollegin q an der Q-Universität – aber ist nun verschwunden, weshalb Tom und Harry nun unter mächtigen Wesen in pandimensionalen Varianten eines Nachclubs und eines Casinos (mit extrem hohen Einsätzen) nach ihm suchen sollen.

Fazit: Heather Jarman hat abgesehen von Kurzgeschichten nur zwei lange Star Trek-Romane geschrieben und nach ihrem „Deep Space Nine“-Relaunch Roman „Dieser graue Geist“ habe ich diesen Relaunch nicht mehr verfolgt. Das ist schon mal kein gutes Zeichen. (Wobei ich klarstellen will, dass „Dieser graue Geist“ zwar langatmig war, aber wesentlich besser als der Relaunch-Roman davor; dieser Roman hatte also nur eine Teilschuld, warum ich das Interesse am Relaunch verlor.) Auch kein gutes Zeichen ist, dass ich für diesen Roman fast eineinhalb Monate brauchte, ehe ich durch war, obwohl er nicht wesentlich umfangreicher war als die ersten beiden „String Theory“-Romane. Es mag unfair sein anhand von lediglich zwei Romanen zu urteilen, aber Heather Jarman scheint nicht die Fähigkeit zu haben, eine Geschichte zügig zu erzählen. Auffällig war, wie wenig Dialog stattfindet und wie viel Szenerie und Umstände – davon vieles meiner Meinung nach für die Handlung irrelevant und wenig fantasievoll – sie beschreibt. Es war unfassbar einfach, das Buch jederzeit aus der Hand zu legen, weil es eigentlich keine Stelle gibt, an der ich sagen könnte: „Jetzt will ich wissen, wie es weitergeht.“

Das liegt auch daran, dass ich mit der Zeit vergessen habe, warum genau die Nacene den Doktor nach Ocampa und Q die beiden Voyager-Offiziere auf die Suche nach Kol schickt. Je weiter die Erzählung voranschritt hoffte ich zunehmend, Jarman würde das nochmal erwähnen, weil ich nur noch einen vagen Eindruck von Vivias und Qs Motiven hatte. (Daher auch die etwas rudimentäre Zusammenfassung der Ausgangssituation am Beginn dieses Artikels.) Gerade Qs Involvierung gibt mir nachträglich echte Rätsel auf. Ich habe keine Ahnung, warum er sich überhaupt für Exosia interessiert und grundsätzlich warum mächtige Wesen wie Q und Vivia die Leute von der Voyager für ihre „Drecksarbeit“ brauchen. Witzig ist ja, dass Vivia den Doktor im den Nacene offenstehenden Universum und Raum und Zeit ganz an die Nähe von „The Light“ schicken kann. Mir scheint, als wüsste sie eigentlich schon, wo der Rebellenführer zu finden ist. Die Anwesenheit des Doktors – außer dass er sich dazu entschließt Vivias Wünschen zuwider zu handeln und schließlich Helfer bei Kols Geburt wird – ist doch sehr zweifelhaft.

Und auch der Ausflug von Tom und Harry in von pandimensionalen Wesen bevölkerte Nachtclubs und Casinos hat ein paar spaßige Situationen zu bieten und die beiden funktionieren wie in der Serie als Duo sehr gut. Aber auch hier hatte ich den Eindruck, als wollte Jarman einfach diese Idee niederschreiben – ganz unabhängig davon, ob sie zur String-Geschichte der Trilogie passt. Wobei die Idee von Glücksspiel unter quasi allmächtigen Wesen keinerlei Spannung beherbergt. Man weiß nie, wenn es in einem Spiel (dessen Regeln man als Leser erraten muss) eng wird, ob das wirklich eine brenzlige Situation darstellt oder ob q oder ein anderes Wesen die Situation nicht gleich mit einem Fingerschnippen wieder bereinigt. Eine interessante Idee, aber sie stellt nicht wirklich die Basis für eine spannungsgeladene Story dar. Außerdem hätte ich gerne auf vier oder fünf der zahlreichen Erwähnungen, wie heiß Harry q findet, verzichtet, wenn Jarman wenigstens einmal zwischendurch dem Leser (oder besser gesagt mir) die Missionsziele in Erinnerung gerufen hätte.

Aber für den Ausgang der Geschichte ist es dann doch recht egal, ob man weiß, warum der Doktor, Tom und Harry unterwegs waren, weil die beiden Abenteuer durch den Ungehorsam des Doktors bzw. den Ausgang des Glücksspiels dann sowieso in Richtungen gehen, die vorherige Missionsparameter irrelevant machen. Das ist auch so ein Problem, wenn die Protagonisten allmächtig sind. Wobei für meinen Geschmack Q auch recht stark „out-of-character“ wirkt mit seinem ständigen Spruch von „Freier Wille oder Schicksal“. Ich hätte Q nicht als jemanden eingeschätzt, der von beidem viel hält, sondern gerne seinen eigenen Willen anderen aufzwingt. „Freier Wille oder Schicksal“ hier als sein Credo darzustellen, passt meiner Meinung nach nicht zur Figur aus den Serien.

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Der freie Wille anderer hatte in der Vergangenheit nicht immer den höchsten Stellenwert für den uns bekannten Q.

À propos Serie: Ein Ziel dass sich die drei Autoren der „String Theory“-Trilogie gesetzt haben, war, nachträglich noch ein paar Erklärungen für einige Geschehnisse und Charakterentwicklungen in den späteren Staffeln von „Star Trek: Voyager“ nachzuliefern. In den ersten beiden Romanen geschah dies sehr subtil, eigentlich beschränkt auf vor allem B’Elanna Torres und Seven of Nine. Heather Jarman packt auf den letzten rund 50 Seiten aber den Holzhammer aus und liefert einerseits Erklärungen die unnötig sind (für die „Leere“ durch die die Voyager am Beginn der 5. Staffel reist und deren Beschreibung sich meiner Meinung nach mit dem beißt, was wir in der entsprechenden TV-Folge erklärt bekommen) und andererseits außergewöhnliche Erklärungen für Charakterentwicklungen, die in der Serie als natürliche Entwicklung dargestellt werden. (Das betriff speziell Janeway und Kes.) Jarman tut den Figuren damit keinen Gefallen und entwertet sie sogar.

Bewertung: Ich liebäugle mit der Mindestbewertung von 1 Stern, aber da hin und wieder ein paar nette Szenen dabei waren, in denen die Voyager-Crewmitglieder charakterlich sehr gut getroffen waren und daher ein Mindestmaß an Vertrautheit für Fans der Serie vorhanden ist, gebe ich knapp 2 Sterne. Als Fazit zur Trilogie selbst würde ich sagen, dass das Thema interessant war, aber die drei Romane relativ losgelöst voneinander wirken. Es wäre wahrscheinlich sinnvoller gewesen, wenn alle drei Romane aus einer Hand gekommen wären.

2stars