Rezension: TOS:SFA – “Cadet Kirk“

Drei „Starfleet Academy“-Romane zur klassischen Star Trek-Serie existieren und da in den ersten beiden jeweils einmal Spock und einmal McCoy im Rampenlicht stehen durften, ist der abschließende Roman der Reihe natürlich eine Geschichte, in der es um James T. Kirk, den späteren Captain der Enterprise, geht. Wobei ein wenig seltsam ist dieser Roman in dieser Hinsicht schon geworden. Aber alles schön der Reihe nach; zuerst eine kurze Zusammenfassung.

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Der Roman beginnt schon mal mit einer äußerst amüsanten Szene in der Kadett Leonard McCoy – inzwischen ein Ensign – mit einem jüngeren Kadetten darüber streitet, ob er an Bord eines bereitstehenden Shuttles gehen darf oder sich seinen Allerwertesten im Freien davor abfrieren muss. 😀 Erst das Auftauchen von Ensign Spock beendet den Streit, denn dieser übergibt den Kadetten offiziell seine neuen und höchst deprimierenden Befehle: Anstatt einen angesehenen Prominenten zu einer auf Cambria stattfindenden Konferenz zu fliegen, sind die beiden Ensigns Spock und McCoy die Einzigen, die Kadett James T. Kirk dorthin chauffieren darf. Nach dem Streitgespräch betreffend diese Befehle hatte Kirk also nicht gerade den besten Start. Doch was ein langweiliger Routineflug zu werden scheint, entpuppt sich schließlich als große Herausforderung für das Trio, als sie am Atlantis-Außenposten vorbei fliegen. Vom Außenposten ausgehend reißt ein starker Traktorstrahl das Shuttle aus der Lichtgeschwindigkeit und zerrt es zum Planeten. Nach einer Bruchlandung dort stellt sich heraus, dass einige Gauner den Außenposten übernommen haben mit der Absicht, den Prominenten, der sich eigentlich an Bord des Shuttles hätte befinden sollen, zu entführen. Die drei jungen Kadetten stehen vor ihrer bislang größten Bewährungsprobe: Hoffnungslos in der Unterzahl und ohne Waffen müssen sie ihren Streit beilegen und zusammenarbeiten um aus dieser prekären Lage wieder herauszukommen.

Fazit: Vorweg das Wichtigste: „Cadet Kirk“ ist ein sehr unterhaltsamer Roman mit der eindeutig spannendsten und action-reichsten Story der drei TOS-Academy-Romane. Im Gegensatz zum ersten Roman „Crisis on Vulcan“ ist er deutlich handlungsorientierter und im Gegensatz zu „Aftershock“ keine Aneinanderreihung einzelner Abenteuer sondern wirklich mit einem guten dramaturgischen Spannungsbogen ausgestattet. Zudem sind die Dialoge zwischen Spock und McCoy wieder einmal Gold wert und auch der Beginn mit dem Wortgefecht zwischen McCoy und Kirk ist sehr lustig zu lesen, wirft aber bereits einen düsteren Schatten voraus. Und so leite ich über zum Schwachpunkt von „Cadet Kirk“: der Kadett Kirk! Und das überraschte mich dann doch sehr, denn Autorin Diane Carey hat nur vier Jahre vor diesem Academy-Roman den TOS-Roman „Best Destiny“/“Kirks Bestimmung“ geschrieben, der wirklich ein maßgebendes Werk betreffend die Charakterisierung von James T. Kirk in jungen Jahren (vor seinem Eintritt in die Sternenflottenakademie) ist und die sich auch stark z.B. im elften Star Trek-Kinofilm so wiederfindet: ein junger, aufmüpfiger Mann, der mit der Herausforderung wächst und fähig zu Improvisation und kreativem Denken ist. Was sie aus Kirk am Beginn des Academy-Romans macht, scheint hingegen wie ein totaler Widerspruch zu Careys früherem Werk. Hier ist Kirk plötzlich ein Paragraphenreiter zum Quadrat!

Zugestanden: Es gibt zwei Aussagen in der klassischen Serie, die ihm zumindest bescheinigen, dass er ein sehr lernbegieriger Kadett war, aber Careys Interpretation dieser Aussagen will so gar nicht recht zu ihrem James T. Kirk passen, den sie in „Best Destiny“ beschrieb, der wiederum wahrscheinlich aufgrund einer weiteren Aussage aus der Serie als „schlimmer Finger“ dargestellt wurde. Zumindest versucht Carey beide Darstellungen in ihrem Academy-Roman unterzubringen, was aber zu seltsamen Widersprüchen führt. Am Beginn des Romans ist Kirk wie erwähnt pflichtbesessen und gewillt, Order buchstabengetreu auszuführen. Dann ein paar Seiten später, als das Shuttle vom Traktorstrahl erfasst wird, schlägt er plötzlich ein waghalsiges Manöver vor. Eine Seite später sagt er, er müsse sich an die Vorschriften halten, nur um wiederum eine Seite später ein noch riskanteres Manöver vorzuschlagen. Kirks späteres Hadern damit, dass jede seiner regelkonformen Entscheidungen während der Mission ihn in nur noch größere Schwierigkeiten gebracht hat, mag zwar angedacht gewesen sein zu zeigen, wie aus einem grünen Kadetten der risikobereite Captain Kirk wird. Aber anderseits ist seine Retrospektive nicht ganz ehrlich, denn eigentlich handelte er gar nicht besonders oft nach Vorschrift.

Ganz klar ist die Entwicklung, die dieser Charakter nimmt, also nicht. Leider fehlt aufgrund eines weiteren Kuriosums weitestgehend der Einblick in Kirks Motivationen. Denn waren die ersten beiden Academy-Romane noch aus der Perspektive des jeweiligen Hauptcharakters beschrieben, so spielt sich in „Cadet Kirk“ das ganze Geschehen aus der Perspektive von Leonard McCoy ab! Das erhöht den Humorgehalt des Romans, aber wie gesagt hilft es nicht gerade dabei, James T. Kirks widersprüchliches Handeln immer zu verstehen.

Bewertung: Der sonderbaren Darstellung Kirks habe ich jetzt einen großen Teil dieser Rezension gewidmet und das wirft doch ein ziemlich schlechtes Licht auf den Roman. Aber so schlecht ist er wirklich nicht und wenn er nicht „Cadet Kirk“ heißen würde, wäre ich wahrscheinlich gar nicht so stark auf Kirks Charakterisierung eingegangen und hätte weniger Vergleiche mit Careys Roman „Best Destiny“ gezogen. Der Roman ist definitiv unterhaltsam, die Story ist gut, die Dialoge sind witzig und passend zu den Charakteren. Neben den üblichen Spock/McCoy-Momenten gibt es auch erwähnenswerte Auseinandersetzungen zwischen Kirk und Spock, die sehr an den elften Star Trek-Kinofilm erinnern. In beiden Geschichten ist Spock ranghöher als Kirk während sie mit einer Krisensituation umgehen müssen.

„Cadet Kirk“ erhält von mir solide 4 Sterne. Hätte sich Carey auf eine Art der Charakterisierung Kirks festgelegt oder einen besseren Mittelweg gefunden, wie sie die differenzierenden Beschreibungen des jungen Jim Kirks aus der TV-Serie unter einen Hut bringt, hätte dieser Roman wirklich das Highlight der Academy-Reihe werden können. So bleibt diese Ehre für mich aber dem ersten Roman „Crisis on Vulcan“ vorbehalten.

4stars

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