Nanu, was ist denn da passiert? Hat sich da ein Grafiker aufs Ärgste vertan, als er die Charaktere Captain Kirk und Seven of Nine auf ein und dasselbe Cover gesetzt hat? Mitnichten, denn in „No Time like the Past“ erzählt Autor Greg Cox eine Zeitreisestory, in deren Rahmen die ehemalige Borg-Drohne aus der Voyager Crew aus ihrer Zeit gerissen wird.
Im sechsten Jahr der Voyager-Odyssee im Delta-Quadranten beamt sich Seven of Nine zusammen mit einem Außenteam – neben ihr bestehend aus Captain Janeway, Tuvok und Neelix – auf einen namenlosen Planetoiden, um den Ausgangspunkt eines Notsignals zu finden. Kurioserweise handelt es sich dabei um ein Notsignal der Sternenflotte, das jedoch seit rund einem Jahrhundert nicht mehr verwendet wird. Noch seltsamer wird die Angelegenheit, als sie auf dem unbewohnten Planetoiden in die Wand eines Canyons gehauen die gewaltige Skulptur eines humanoiden Gesichts erblicken. Ein Gesicht, das frappierende Ähnlichkeit mit jenem von James T. Kirk hat. Und um die Bezüge zum 23. Jahrhundert und Captain Kirks Abenteuer abzurunden, entdeckt Seven nur dank ihres Okularimplantats auch noch ein leicht aus der Phase gebrachtes, altes Sternenflottensymbol an der Felswand. Es handelt sich um eine Markierung, die zu einer unterirdischen Anlage führt, in der ein Sarkophag mit humanoiden Überresten darin aufgebahrt ist. Weitere Untersuchungen können nicht ausgeführt werden, denn ohne Vorwarnung wird eine antike Falle aktiviert, die Janeway, Tuvok und Neelix außer Gefecht setzt. Damit die Verwundeten zur Voyager zurückgebeamt werden können, muss Seven ein Abschirmfeld deaktivieren, das die Anlage umgibt. Doch als sie in einem nahen Kontrollraum in eine Nische mit einem Computer-Terminal steigt, wird sie plötzlich durch Zeit und Raum teleportiert.
Ein Jahrhundert zuvor, auf dem Planeten Yusub: Eigentlich hätten Captain Kirk und sein Außenteam lediglich einen Diplomaten der Föderation zu friedlichen Gesprächen mit den Einheimischen begleiten sollen. Ziel der Gespräche: Die Yusubi, die orionischen Piraten bislang einen sicheren Hafen auf ihrem Planeten boten, sollten davon überzeugt werden, ihre Kooperation mit den grünen Freibeutern einzustellen. Doch da die Orioner von dem Treffen zwischen Föderation und Yusubi Wind bekommen haben, erweisen sich diese als echte Party-Crasher und veranstalten ein echtes Massaker, dem Captain Kirk und zumindest ein Teil des Außenteams entgehen, weil wie aus dem Nichts plötzlich eine junge Frau erscheint, die ausgerüstet mit einem leistungsstarken Phaser dabei hilft, die Orioner zurückzuschlagen. An Bord der Enterprise offenbart die Frau – deren Gesicht und Arm mit seltsamen Implantaten versehen sind und die eine Art Sternenflottenabzeichen bei sich trägt – dass ihr Name „Annika Seven“ sei und sie die Hilfe der Enterprise benötigt, um wieder in die Zukunft zurückzukehren. Obwohl sie mit Hinweis auf die Oberste Temporale Direktive nur spärlich Informationen preis gibt, bringt sie die Crew der Enterprise doch auf eine heiße Spur, denn die Zeitreise-Apparatur hat sie offenbar genau an jenen Ort und jene Zeit teleportiert, wo Annika Seven einen Bestandteil eines weiteren Zeitreisegeräts finden konnte. Das auf Yusub gefundene Artefakt weist ihnen den Weg zum nächsten Teil und so beginnt für die Enterprise-Crew eine Reise zurück zu einigen Planeten, die sie in den vergangenen Jahren besucht hat, um das Zeitreisegerät wieder zusammensetzen zu können. Dem Sternenflottenschiff dabei stets dicht auf den Fersen sind die Orioner, die natürlich auch sehr interessiert sind, die „Frau aus der Zukunft“ in ihre Finger zu bekommen und an den Höchstbietenden zu verkaufen.
Fazit: Greg Cox zählt zwar aufgrund seiner „älteren“ Romane zu meinen Lieblingsautoren was „Star Trek“-Romane angeht, aber seine letzten beiden Werke (“The Rings of Time” und “The Weight of Worlds”) fand ich nicht gerade gut. Umso erfreulicher, dass „No Time like the Past“ wieder zu seinen besseren Romanen zählt. Gleich der Beginn auf dem Planeten Yusub hat mich sehr begeistert. Hier schwappt eine an sich ruhige, friedliche Szene von einem Moment auf den anderen in ein echtes Massaker um. Großer Paukenschlag und Tempowechsel, originelle Action-Sequenz – wie man es sonst auch vom Autoren-Duo Garfield und Judith Reeves-Stevens kennt. Ebenfalls wirklich spannend aufgebaut ist dann der „Rückblick“ (oder „Vorschau“ je nachdem wie man es sieht) auf die Nachforschungen des Voyager-Außenteams auf dem Planetoiden im Delta-Quadranten. Hier wird ein ziemlich gewaltiges Mysterium aufgebaut, ein großes Abbild von Captain Kirks Gesicht in Fels gehauen? Der Mann war legendär, aber Greg Cox wirft hier wirklich viele Fragen auf, die selbst die zeitreiseerfahrenen Leser von Star Trek-Romanen Rätsel aufgeben.
Eine Rätselrally ist dann auch die Suche nach den restlichen drei Teilen der Zeitreisegerätschaft. Nicht nur auf Planeten, die Captain Kirk in früheren Abenteuern aus der TV-Serie besucht hat muss danach gesucht werden, sondern zudem auch noch in deren Vergangenheit. Dass die Enterprise wieder an Orte zurückkehrt, die sie bereits besucht hat, ist zudem ein kleines „Best-of-The Original Series“ (wenngleich hier die Geschehnisse von jenen TV-Folgen aufgegriffen werden, die eher nicht in den gängigen Favoritenlisten der Fans aufscheinen).
Der Roman beginnt also spannend und actionreich und legt sich damit die Latte gleich mal besonders hoch. Es ist daher nicht ganz verwunderlich, dass der Roman diese im weiteren Verlauf der Geschichte nicht mehr übertrifft. Bei den späteren Action-Sequenzen, wenn die Orioner wieder die Wege von Kirk, Seven und Co. kreuzen, gibt sich Cox zwar auch Mühe mit dem Ambiente und der Beschreibung des Ablaufs der Action (was in ausschließlich geschriebener Form gar nicht leicht ist), aber zumindest jene Sequenz, in der die Orioner die Enterprise entern ist eindeutig viel zu lang. Auch hier lässt Cox seine Charaktere einen ungewöhnlichen Ort an Bord aufsuchen (die Fitnesshalle, ein Ort an Bord, mit dem Montgomery Scott übrigens nicht sehr gut vertraut ist 😀 ), aber wäre die Sequenz nur halb so lange gewesen, wäre sie wohl immer noch zu langatmig und anstrengend zu lesen gewesen. Es wäre mir lieber gewesen, wenn Cox hier weniger Seiten verwendet hätte, dafür mehr für die Auflösung.
Man nähert sich schon bedenklich der letzten Seite wenn Seven und Kirk auf die Suche nach dem letzten Bestandteil der Zeitreiseapparatur gehen und fast erwartungsgemäß muss man sagen, dass die Auflösung zu überhastet dargebracht wird und alles andere als überzeugend wirkt.
Bewertung: Leider gibt es für die sehr mangelhafte Auflösung der Geschichte Abzüge. Der Weg ist das Ziel dieses Romans, denn das eigentliche Ziel ergibt nicht viel Sinn. In diesem Fall ist es vielleicht sogar gut, dass Greg Cox gar nicht versucht, pseudowissenschaftlich die temporalen Paradoxien zu erklären, aber eine schlüssigere Aufklärung wäre mir auf jeden Fall lieber gewesen. Dennoch ist der Roman an sich über weite Teile nicht schlecht. Wie gesagt, beginnt er famos und die Geschichte ist abgesehen von der einen zu sehr in die Länge gestreckte Sequenz auch flüssig erzählt. Die Reise zurück zu den Schauplätzen früherer Abenteuer der Enterprise und ihrer Crew hat außerdem hohen Nostalgiewert für Fans der klassischen Star Trek-Serie. Schon sehr amüsant, wie sich Seven hier im Ambiente der alten Serie wiederfindet, mit den sehr gut getroffenen Charakteren interagiert. Außerdem ist es mal schön, hier keinen Relaunch-Roman zu lesen. Die Ereignisse von TOS sind im letzten Jahr der Fünf-Jahresmission – also vor dem ersten Kinofilm – angesiedelt und die Voyager ist auch noch nicht zur Erde zurückgekehrt.
„No Time like the Past“ erhält von mir gute 4 Sterne. Das liegt vor allem daran, dass der Roman immer noch unterhaltsam bleibt, selbst wenn die Auflösung enttäuschend ist. Die Summe seiner Teile machen den Roman so gut, dass es eigentlich nicht stört, wenn das sie zusammenhaltende Konstrukt am Ende zusammenbricht.