Rezension: TOS – „No Time like the Past“

Nanu, was ist denn da passiert? Hat sich da ein Grafiker aufs Ärgste vertan, als er die Charaktere Captain Kirk und Seven of Nine auf ein und dasselbe Cover gesetzt hat? Mitnichten, denn in „No Time like the Past“ erzählt Autor Greg Cox eine Zeitreisestory, in deren Rahmen die ehemalige Borg-Drohne aus der Voyager Crew aus ihrer Zeit gerissen wird.

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Im sechsten Jahr der Voyager-Odyssee im Delta-Quadranten beamt sich Seven of Nine zusammen mit einem Außenteam – neben ihr bestehend aus Captain Janeway, Tuvok und Neelix – auf einen namenlosen Planetoiden, um den Ausgangspunkt eines Notsignals zu finden. Kurioserweise handelt es sich dabei um ein Notsignal der Sternenflotte, das jedoch seit rund einem Jahrhundert nicht mehr verwendet wird. Noch seltsamer wird die Angelegenheit, als sie auf dem unbewohnten Planetoiden in die Wand eines Canyons gehauen die gewaltige Skulptur eines humanoiden Gesichts erblicken. Ein Gesicht, das frappierende Ähnlichkeit mit jenem von James T. Kirk hat. Und um die Bezüge zum 23. Jahrhundert und Captain Kirks Abenteuer abzurunden, entdeckt Seven nur dank ihres Okularimplantats auch noch ein leicht aus der Phase gebrachtes, altes Sternenflottensymbol an der Felswand. Es handelt sich um eine Markierung, die zu einer unterirdischen Anlage führt, in der ein Sarkophag mit humanoiden Überresten darin aufgebahrt ist. Weitere Untersuchungen können nicht ausgeführt werden, denn ohne Vorwarnung wird eine antike Falle aktiviert, die Janeway, Tuvok und Neelix außer Gefecht setzt. Damit die Verwundeten zur Voyager zurückgebeamt werden können, muss Seven ein Abschirmfeld deaktivieren, das die Anlage umgibt. Doch als sie in einem nahen Kontrollraum in eine Nische mit einem Computer-Terminal steigt, wird sie plötzlich durch Zeit und Raum teleportiert.

Ein Jahrhundert zuvor, auf dem Planeten Yusub: Eigentlich hätten Captain Kirk und sein Außenteam lediglich einen Diplomaten der Föderation zu friedlichen Gesprächen mit den Einheimischen begleiten sollen. Ziel der Gespräche: Die Yusubi, die orionischen Piraten bislang einen sicheren Hafen auf ihrem Planeten boten, sollten davon überzeugt werden, ihre Kooperation mit den grünen Freibeutern einzustellen. Doch da die Orioner von dem Treffen zwischen Föderation und Yusubi Wind bekommen haben, erweisen sich diese als echte Party-Crasher und veranstalten ein echtes Massaker, dem Captain Kirk und zumindest ein Teil des Außenteams entgehen, weil wie aus dem Nichts plötzlich eine junge Frau erscheint, die ausgerüstet mit einem leistungsstarken Phaser dabei hilft, die Orioner zurückzuschlagen. An Bord der Enterprise offenbart die Frau – deren Gesicht und Arm mit seltsamen Implantaten versehen sind und die eine Art Sternenflottenabzeichen bei sich trägt – dass ihr Name „Annika Seven“ sei und sie die Hilfe der Enterprise benötigt, um wieder in die Zukunft zurückzukehren. Obwohl sie mit Hinweis auf die Oberste Temporale Direktive nur spärlich Informationen preis gibt, bringt sie die Crew der Enterprise doch auf eine heiße Spur, denn die Zeitreise-Apparatur hat sie offenbar genau an jenen Ort und jene Zeit teleportiert, wo Annika Seven einen Bestandteil eines weiteren Zeitreisegeräts finden konnte. Das auf Yusub gefundene Artefakt weist ihnen den Weg zum nächsten Teil und so beginnt für die Enterprise-Crew eine Reise zurück zu einigen Planeten, die sie in den vergangenen Jahren besucht hat, um das Zeitreisegerät wieder zusammensetzen zu können. Dem Sternenflottenschiff dabei stets dicht auf den Fersen sind die Orioner, die natürlich auch sehr interessiert sind, die „Frau aus der Zukunft“ in ihre Finger zu bekommen und an den Höchstbietenden zu verkaufen.

Fazit: Greg Cox zählt zwar aufgrund seiner „älteren“ Romane zu meinen Lieblingsautoren was „Star Trek“-Romane angeht, aber seine letzten beiden Werke (“The Rings of Time” und “The Weight of Worlds”) fand ich nicht gerade gut. Umso erfreulicher, dass „No Time like the Past“ wieder zu seinen besseren Romanen zählt. Gleich der Beginn auf dem Planeten Yusub hat mich sehr begeistert. Hier schwappt eine an sich ruhige, friedliche Szene von einem Moment auf den anderen in ein echtes Massaker um. Großer Paukenschlag und Tempowechsel, originelle Action-Sequenz – wie man es sonst auch vom Autoren-Duo Garfield und Judith Reeves-Stevens kennt. Ebenfalls wirklich spannend aufgebaut ist dann der „Rückblick“ (oder „Vorschau“ je nachdem wie man es sieht) auf die Nachforschungen des Voyager-Außenteams auf dem Planetoiden im Delta-Quadranten. Hier wird ein ziemlich gewaltiges Mysterium aufgebaut, ein großes Abbild von Captain Kirks Gesicht in Fels gehauen? Der Mann war legendär, aber Greg Cox wirft hier wirklich viele Fragen auf, die selbst die zeitreiseerfahrenen Leser von Star Trek-Romanen Rätsel aufgeben.

Eine Rätselrally ist dann auch die Suche nach den restlichen drei Teilen der Zeitreisegerätschaft. Nicht nur auf Planeten, die Captain Kirk in früheren Abenteuern aus der TV-Serie besucht hat muss danach gesucht werden, sondern zudem auch noch in deren Vergangenheit. Dass die Enterprise wieder an Orte zurückkehrt, die sie bereits besucht hat, ist zudem ein kleines „Best-of-The Original Series“ (wenngleich hier die Geschehnisse von jenen TV-Folgen aufgegriffen werden, die eher nicht in den gängigen Favoritenlisten der Fans aufscheinen).

Der Roman beginnt also spannend und actionreich und legt sich damit die Latte gleich mal besonders hoch. Es ist daher nicht ganz verwunderlich, dass der Roman diese im weiteren Verlauf der Geschichte nicht mehr übertrifft. Bei den späteren Action-Sequenzen, wenn die Orioner wieder die Wege von Kirk, Seven und Co. kreuzen, gibt sich Cox zwar auch Mühe mit dem Ambiente und der Beschreibung des Ablaufs der Action (was in ausschließlich geschriebener Form gar nicht leicht ist), aber zumindest jene Sequenz, in der die Orioner die Enterprise entern ist eindeutig viel zu lang. Auch hier lässt Cox seine Charaktere einen ungewöhnlichen Ort an Bord aufsuchen (die Fitnesshalle, ein Ort an Bord, mit dem Montgomery Scott übrigens nicht sehr gut vertraut ist 😀 ), aber wäre die Sequenz nur halb so lange gewesen, wäre sie wohl immer noch zu langatmig und anstrengend zu lesen gewesen. Es wäre mir lieber gewesen, wenn Cox hier weniger Seiten verwendet hätte, dafür mehr für die Auflösung.

Man nähert sich schon bedenklich der letzten Seite wenn Seven und Kirk auf die Suche nach dem letzten Bestandteil der Zeitreiseapparatur gehen und fast erwartungsgemäß muss man sagen, dass die Auflösung zu überhastet dargebracht wird und alles andere als überzeugend wirkt.

Bewertung: Leider gibt es für die sehr mangelhafte Auflösung der Geschichte Abzüge. Der Weg ist das Ziel dieses Romans, denn das eigentliche Ziel ergibt nicht viel Sinn. In diesem Fall ist es vielleicht sogar gut, dass Greg Cox gar nicht versucht, pseudowissenschaftlich die temporalen Paradoxien zu erklären, aber eine schlüssigere Aufklärung wäre mir auf jeden Fall lieber gewesen. Dennoch ist der Roman an sich über weite Teile nicht schlecht. Wie gesagt, beginnt er famos und die Geschichte ist abgesehen von der einen zu sehr in die Länge gestreckte Sequenz auch flüssig erzählt. Die Reise zurück zu den Schauplätzen früherer Abenteuer der Enterprise und ihrer Crew hat außerdem hohen Nostalgiewert für Fans der klassischen Star Trek-Serie. Schon sehr amüsant, wie sich Seven hier im Ambiente der alten Serie wiederfindet, mit den sehr gut getroffenen Charakteren interagiert. Außerdem ist es mal schön, hier keinen Relaunch-Roman zu lesen. Die Ereignisse von TOS sind im letzten Jahr der Fünf-Jahresmission – also vor dem ersten Kinofilm – angesiedelt und die Voyager ist auch noch nicht zur Erde zurückgekehrt.

„No Time like the Past“ erhält von mir gute 4 Sterne. Das liegt vor allem daran, dass der Roman immer noch unterhaltsam bleibt, selbst wenn die Auflösung enttäuschend ist. Die Summe seiner Teile machen den Roman so gut, dass es eigentlich nicht stört, wenn das sie zusammenhaltende Konstrukt am Ende zusammenbricht.

4stars

Rezension: Comic – „Khan“

Es ist nun mehr als ein Jahr her, dass „Star Trek Into Darkness“ in den Kinos angelaufen ist und wahrscheinlich hat sich inzwischen herumgesprochen, welcher bekannte Bösewicht aus dem Star Trek-Universum sich in Wahrheit hinter dem Pseudonym „John Harrison“ verbirgt. Ja, es ist Khan, bekannt aus der TOS-Episode „Der schlafende Tiger“ und dem Kinofilm „Der Zorn des Khan“. Die TOS-Episode zeigte, wie Khans Erwachen nach über 200 Jahren kryogenischen Schlafes im Prime-Universum abgelaufen ist. Wie die Umstände seines Erwachens im neuen Universum waren und wie aus ihm John Harrison wurde, erzählt dieser Comic – und noch viel mehr!

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Wie schon nach dem ersten neuen Star Trek-Kinofilm wird die Vorgeschichte des Bösewichts auch diesmal wieder in gezeichneter Form nacherzählt. Damals bei Nero war allgemein zu diesem Charakter noch nicht allzu viel Backstory etabliert. Bei Khan hingegen waren durch dessen ersten beiden Auftritte sowie gelegentliche Erwähnungen der sogenannten „Eugenischen Kriege“ schon einige Informationen vorhanden. Wobei Khans Geschichte – die er im Comic im Rahmen einer nach „Star Trek Into Darkness“ angesiedelten Gerichtsverhandlung erzählt – nicht erst mit den Kriegen beginnt. Die Geschichte, die er erzählt, beginnt noch früher, Anfang der 1970er. Eine international agierende Organisation, in ihrer Führungsriege bestehend aus Genetikern, lässt auf der ganzen Welt – unter anderem aus den Slums von Bombay und Neu-Delhi – Kinder entführen, um sie einem ganz besonderen Programm zu unterstellen. Ihr Ziel: Perfekte Soldaten zu erschaffen. Unter den Auserwählten, die sich besonders durch hohe Intelligenz, Stärke und ungebändigter Wildheit auszeichnen, ist ein Junge namens Noonien Singh. Durch DNS-Manipulation die seine Physis verbessert und einem umfangreichen Training, in dessen Rahmen er sich allerhand nützliche Fähigkeiten aneignet, wird Noonien zum Musterschüler, der mit der Zeit aber nicht nur seine eigenen Fähigkeiten testet, sondern auch die seiner Ausbilder und Erschaffer. Und so geschieht es am Vorabend der ersten Auslieferung der neuen Super-Soldaten, dass Noonien und seine Kameraden den Aufstand proben und erfolgreich ihrer Ausbildungsstätte entfliehen. Die Auswirkungen dieses Ereignisses sollten Jahre später zu den Eugenischen Kriegen führen.

Fazit: Die Eugenischen Kriege wurden bereits vor diesem Comic mehrfach dargestellt. Am bekanntesten ist wahrscheinlich Greg Cox‘ tolle Roman-Duologie „The Eugenics Wars“, in der er die Kriege sowie ihre Vorgeschichte in real stattgefundene historische Ereignisse der 70er, 80er und 90er einbettet. Da Greg Cox‘ Romane in den Jahren 2001 und 2002 erschienen sind, sind sie inzwischen ein wenig durch Aussagen in der 3. und 4. Staffel von „Enterprise“ vielleicht nicht mehr so ganz passend. Es bleibt viel Interpretationsspielraum, aber es wird eher der Anschein vermittelt, es habe sich um einen öffentlich wahrgenommenen Krieg gehandelt und nicht wie von Cox‘ dargestellt um eine Ansammlung von Konflikten, die nachträglich unter dem Namen „Eugenische Kriege“ zusammengefasst wurden.

Wie bereits das ebenfalls sehr empfehlenswerte Sachbuch „Federation – The First 150 Years“ stellt auch der Comic „Khan“ nun die Kriege als weltumspannende Konflikte dar. Also klar abgegrenzt zu den realen Ereignissen des 20. Jahrhunderts. Ausgehend von der Machtergreifung der genetisch verbesserten „Augments“ in den verschiedenen Teilen der Welt – in deren Rahmen Noonien Singh zu Khan wird – erzählt der Comic aus der Sicht von Khan den Konflikt und wie sich Khan konform der Aussagen in der TOS-Folge „Der schlafende Tiger“ dabei verhalten hat; wie die Augments niedergeschlagen wurden (ganz entgegen des typischen Hollywood-Klischees 😉 ) und er an Bord der Botany Bay mit seinen Gefolgsleuten von der Erde fliehen musste.

Einige Informationen aus „Federation – The First 150 Years“ wurden auch von Comic-Autor Mike Johnson direkt übernommen, wie z.B. die Namen der regional herrschenden Augments oder dass Atomwaffen großflächig zum Einsatz kamen. (Hier muss ich ein wenig kritisieren, dass die Zerstörung in Nordamerika etwas zu groß erscheint, wenn man bedenkt, dass wir durch Zeitreisen in „Voyager“ und „Enterprise“ Los Angeles von 1996 und Detroit von 2004 kennen. Allerdings relativiert der Text im Comic am Beispiel San Franciscos auch, dass es von der Zerstörung unberührte Flecken in Nordamerika gab.)

Während sich die ersten drei Teile des Comics also mit jenem Teil von Khans Geschichte befassen, die sowohl im Star Trek-Prime-Universum als auch im neuen Universum gleich stattgefunden haben, erzählen dann die Kapitel 4 und 5, wie Khan im 23. Jahrhundert von Admiral Alexander Marcus und der Geheimorganisation Sektion 31 nach der Zerstörung Vulkans gefunden und wiedererweckt wurde. Hierbei ist es sehr lobenswert, dass man die Geschichte, die man in ihren Grundzügen aus „Star Trek Into Darkness“ kennt, noch weiter ausgebaut hat und ihr einen interessanten Twist gibt. Also selbst wer den Film und die darin erzählte Geschichte von Khan und der Crew der Botany Bay kennt, wird sich noch überraschen lassen können. Insofern ist der Comic eine sehr gelungene Ergänzung zum Kinofilm. Im Gegensatz zu einigen Kritikern aber ganz sicher nicht essentiell notwendig um den Film zu verstehen oder angebliche „Plot Holes“ zu stopfen. (Für alle, die sich die Veränderung von Khans Aussehen bzw. Ethnizität nicht erklären können: Der Gedanke, dass im 23. Jahrhundert mit der Erschaffung einer falschen Identität auch eine Veränderung des Äußeren einhergeht, sollte doch leicht nachvollziehbar sein.)

 

Die Zeichnungen: Die Eugenischen Kriege sind ein faszinierendes Kapitel der fiktiven Star Trek-Historie. Vermutlich auch deshalb, weil sie eigentlich zu unseren Lebzeiten stattgefunden haben sollten und insofern erzählt der Comic eine faszinierende „Was-wäre-wenn“-Geschichte. Es ist ungewöhnlich, dass man in einer Star Trek-Geschichte mal zurückblickt auf die inzwischen nun nahe Vergangenheit und so gefallen auch Claudia Balbonis Zeichnungen einer gegenwärtigen Erde und ihrer Regionen. Von Neu-Delhi bis Paris, vom Himalaya bis Sydney, von Hong Kong bis London. Diese Vielfalt an Schauplätzen sieht man sonst nie in Star Trek-Comics. Während Balboni für die Zeichnungen der ersten drei Kapitel verantwortlich war, oblag es David Messina die letzten beiden Kapitel (ausgenommen Rückblenden) zu zeichnen. Hier muss ich sagen, gibt es keine nennenswerte Qualitätsveränderung, so wie Balboni die annähernd gegenwärtige Erde im Griff hat, hat auch Messina die Designs des 23. Jahrhunderts im Griff. Raumschiffe, Raumstationen, Schauplätze des Kinofilms: alles gut gelungen einschließlich des Charakter-Designs. John Harrison und Admiral Marcus haben stets eindeutigen Wiederkennungswert.Erwähnt werden sollte auch die Gewaltdarstellung im Comic. Sie ist nicht ganz explizit, aber Silhouetten und verspritzendes Blut lassen keinen Zweifel daran, was wem angetan wird. „Khan“ zählt wahrscheinlich zu den blutrünstigsten Star Trek-Storys, aber das ist angesichts des Themas wohl nicht allzu verwunderlich.

Bewertung: Der Comic verdient sich meiner Meinung nach klar die Höchstnote. Sicher, es ist wie erwähnt nicht das erste Mal, dass Non-canon-Material die Eugenischen Kriege und Khans Vorgeschichte aufgreift und wiedergibt. Aber wie Cox‘ Romane und das 150-Jahre-Sachbuch erzählt auch der Comic eine faszinierende Variante einer fiktiven und gar nicht lange zurückliegenden Vergangenheit. Zudem werden alle über die Serien und Filme verstreuten Informationen zu dieser Zeit in die Story eingearbeitet und passen zu Khans Darstellung, wenn er für seine Taten in „Star Trek Into Darkness“ vor Gericht steht. Hoher Unterhaltungsfaktor und gleichzeitig grundlegende und ungezwungene Einbindung der Canon-Informationen, interessant dargebotene Interpretation fiktiver historischer Ereignisse, ungewöhnliche aber souverän umgesetzte Zeichnungen für einen Star Trek-Comic … all das zusammen ergibt ein tolles Gesamtpaket, dem ich 6 Sterne gebe!

6stars

Anmerkung: Der Comic erschien in den USA zuerst in fünf einzelnen, monatlich erscheinenden Heften. Der gesamte Comic erschien am 12. Mai 2014 in deutscher Sprache beim Verlag Cross Cult.

Rezension: ETP – „Rise of the Federation: Tower of Babel“

Christopher L. Bennett hat ja schon mit dem Vorgängerroman „A Choice of Futures“ sehr lesenswert der „Enterprise“-Romanreihe neues Leben eingehaucht. Auch wenn die Reihe ohne das titelgebende Raumschiff auskommen muss. Denn seine Romane sind nach dem Ende der Serie angesiedelt und beschäftigen sich – wie der Titel „Rise oft the Federation“ schon sagt – mit der Entstehung der Föderation und welche Rollen die früheren Besatzungsmitglieder des Raumschiffs Enterprise dabei spielen.

 Star Trek Enterprise Rise of the Federation Tower of Babel

Die Haupthandlung von „Tower of Babel“ ist im Jahr 2164 angesiedelt, man macht also zeitlich wieder einen kleinen Sprung nach vorne, wenngleich die Föderation noch immer eine junge Organisation ist, die ihren Weg erst finden muss. Wegweisend scheint dabei die kommende Präsidentschaftswahl zu sein, in dem es zwei große Parteien gibt, die ihre Kandidaten ins Feld schicken. Zum einen sind da jene, die am bisherigen Kurs festhalten und die Föderation weiter vergrößern wollen, um sie zu stärken. Ihnen entgegen stellen sich diejenigen, die für mehr Selbstbestimmung der Mitgliedswelten eintreten und den Einfluss der Föderation gering halten wollen.

Auch Admiral Archer ist sich bewusst, dass sein bevorstehendes Vorhaben durchaus darüber entscheiden könnte, welche Partei das Rennen macht. Denn er plant, mit dem Rigel-System ein ganz besonderes neues Mitglied in die Föderation aufzunehmen. Das Sonnensystem, das in den Star Trek-Serien zwar selten zu sehen aber dafür umso häufiger erwähnt wurde, ist nicht nur die Heimat mehrerer einheimischer Spezies sondern auch ein wichtiges Handelszentrum eines Sektors und Anziehungspunkt vieler Reisender – und zwielichtiger Gesellen. Die Absicherung der Handelsrouten durch die Sternenflotte ist daher auch ein Hauptargument, mit dem Archer das führende Konzil des Rigel-Systems vom Föderationsbeitritt überzeugen will. Während auf dem neutralen Planetoiden Babel Verhandlungen geführt werden, erteilt Captain Archer der Crew des Raumschiffs Pioneer den Auftrag, sich den Beitrittskandidaten und die komplexen Beziehungen unter den Bewohnern des Systems etwas genauer anzusehen. Im Zuge dessen werden jedoch völlig überraschend zwei Besatzungsmitglieder der Pioneer – Ensign Grev und Lieutenant Kirk – gekidnapped und aus einem Archiv Daten gestohlen, die die Entscheidungsträger des herrschenden Konzils politisch unter Druck setzen könnten – sofern der Kommunikationsoffizier Grev für seine Entführer das Archiv entschlüsselt. Da vermutet wird, dass Grev kleinbeigeben wird, wenn die Entführer ihn mit dem Wohlergehen seines Freundes Sam Kirk unter Druck setzen, beginnt die Pioneer – unterstützt von der Endeavor unter Captain T’Pols Kommando – intensive Nachforschungen, die schließlich zu den mächtigen „Ersten Familien“ führen, die im Rigel-System die dubioseren Geschäfte führen. Und diese Familien handeln nicht nur in ihrem eigenen Interesse, sondern auch in Kooperation mit Orionern und den Maluriern, die bereits im Jahr davor versucht hatten, die Föderation zu sabotieren und inzwischen daran arbeiten, ihre eigene „Verbrecher-Föderation“ aufzubauen.

Fazit: Die Inhaltsangabe ist zwar ziemlich lang, ist aber trotzdem sehr oberflächlich, denn in die überschaulichen 300 Taschenbuchseiten packt Autor Christopher L. Bennett so ziemlich jede kleine Information, die man als Star Trek-Fan über die Rigel-Planeten hat und ergänzt sie um viele weitere neue Informationen. Sein „World-Building“ in diesem Roman ist wie bei seinen Romanen eigentlich typisch auch in „Tower of Babel“ sehr stark ausgeprägt. Wahrscheinlich so stark wie in keinem anderen seiner Romane. Bei zehn Planeten im Rigel-System, Kolonien in Asteroiden und Monden, drei heimischen Spezies und unzähligen Gastspezies zeichnet Bennett hier ein enorm umfangreiches und detailliertes Bild von den lokalen Gegebenheiten. Allerdings gönnt Bennett dem Leser eben wegen des geringen Umfangs des Buches dem Leser wenig Zeit, sich mit diesen Gegebenheiten vertraut zu machen. Er bombardiert einen schon recht stark mit Informationen, konfrontiert einen gleich mit dem ganzen Handelskonzil, wo einige Fraktionen, die man später noch kennenlernt, noch gar nicht vertreten sind. Es ist vielleicht einfacher, wenn man das Buch in möglichst wenigen Etappen liest, was allerdings nicht unbedingt meiner Lesegewohnheit entspricht. Da ich doch recht häufig unterbreche, hat es lange Zeit gedauert, bis ich die einzelnen Spezies und Eigenschaften den Namen zuordnen konnte. Das hat natürlich auch etwas dem Lesevergnügen geschadet, wenn man sich dauern fragt: „Sind die Zami jetzt die mit den spitzen Ohren von denen jetzt manche doch runde Ohren haben oder sind das sie mit den Exo- und Endo-Geschlechtern?“

Einige Bewohner des Rigel-Systems, die man bislang in den Serien und Filmen beobachten konnten: Verschiedene Einheimische, eine obskure Tierart und Immigranten anderer Systeme bilden eine bunte Mischung.

Die Geschichte wird dadurch etwas in ihrer Unterhaltsamkeit getrübt. Es ist definitiv keine schlechte Story und guter Vorwand, den Leser auf eine Reise durch das Rigel-System zu nehmen. Aber vielleicht wäre es besser gewesen, dem Leser gewisse Informationen erst auf dieser Reise zu geben und sie ihm nicht schon vorher als schweres Reisegepäck aufzubürden.

Ebenfalls ziemlich interessant ist die Geschichte rund um die anstehende Präsidentschaftswahl und die Einstellungen der beiden rivalisierenden Parteien. Es sind speziell in der jetzigen Zeit vertraute Themen, die hier aufgegriffen werden. Immerhin steht den EU-Bürgern ebenfalls in Kürze eine Wahl bevor. Mehr Selbstbestimmung der Mitgliedsstaaten oder größere Kompetenzen für die Dachorganisation? Aufnahme weiterer Mitglieder oder Konsolidierung des Ist-Zustands? Solche Fragen hört man aktuell in den Medien und auch in diesem Roman. (Wenngleich natürlich auszuschließen ist, dass Herausgeber Pocket Books bei der Festlegung des Erscheinungstermins des Romans nach Europa geschielt hat. 😉 ) Was bei diesem politischen/diplomatischen Handlungsstrang nicht so gut war, war das Attentat auf einen der Präsidentschaftskandidaten. Da ist doch recht schnell klar, worauf das hinzielen soll.

Eine weitere Parallelhandlung zu den Geschehnissen im Rigel-System stellt die Darstellung der Lage auf dem Planeten Sauria dar. Auch dieser Planet zählt zum erweiterten Kreis der Beitrittskandidaten (und ist auch schon aus Bennetts ersten „Enterprise“-Roman bekannt), droht aber unter die völlige Kontrolle des despotischen Maltuvis zu fallen. Was die Föderation – deren Abgesandte auf dem Planeten zu immer weniger beliebten Gästen werden – nicht weiß: Auch Maltuvis ist ein Verbündeter der Orioner, die auch an dieser Front versuchen, der Föderation zu schaden. Wie Maltuvis es schafft, seine Macht auf Sauria auszuweiten, versucht der frühere Sternenflottenoffizier Trip Tucker herauszufinden, der im Auftrag von Sektion 31 undercover ermittelt. Wer meine Rezensionen zu früheren „Enterprise“-Romanen kennt, der weiß, dass ich kein großer Freund davon bin, was die ehemaligen Autoren der Reihe, Michael A. Martin und Andy Mangels, mit Trip Tucker aufgeführt haben. Seine weitere Tätigkeit für Sektion 31 nach Ende des Romulanischen Krieges plausibel erscheinen zu lassen, hat Bennett eine schwere Bürde auferlegt. In „Tower of Babel“ gelingt es aber, Tucker zumindest gegen Ende auf einen Weg zu führen, der von Sektion 31 weg führt. Die Sauria-Handlung funktioniert komplett losgelöst vom Rest des Romans, aber sie stellt jetzt auch keinen Störfaktor dar. Wahrscheinlich soll hier einfach Aufbauarbeit geleistet werden, bis einer der künftigen Romane von Bennett die Situation auf Sauria in den Mittelpunkt stellt.

Während mit der Pioneer unter Reeds Kommando und der Endeavor unter dem Kommando von T’Pol zwei der Schiffe aus dem ersten Roman „A Choice of Futures“ nicht nur im Mittelpunkt stehen sondern ihre Crews auch zusammenarbeiten, ist in „Tower of Babel“ kein Platz mehr für Bryce Shumars U.S.S. Essex. Vielleicht ganz gut so. Immerhin steht noch immer der „Enterprise“-Banner auf dem Cover. Und wenn Bennett weiterhin Jahr um Jahr voranspringt, wäre die Essex im fünften Roman der Reihe ohnehin nicht mehr dabei. (Siehe hierzu die TNG-Folge „Ungebetene Gäste“.)

Bewertung: „Tower of Babel“ ist ein Roman, der das Prädikat „Interessant“ absolut verdient. Leider bleibt der Unterhaltungsfaktor durch die umfangreiche Informationsvermittlung aber für eine ganze Weile auf der Strecke. Es ist schon eine sehr fordernde Welt, die Bennett dem Leser hier vorstellt. Interessant zu lesen, aber auch recht anstrengend, weil man selbst als Fan bisher viel über Rigel gehört, aber wenig gesehen hat. Bis man sich im Rigel-System schließlich zurecht gefunden hat, hat man eine ganze Weile lang also nur ein recht abstraktes Bild. So gut wie „A Choice of Futures“ hat mir Bennetts zweiter „Enterprise“-Roman leider nicht gefallen, aber er hat auch jeden Fall ein gewisses Etwas, das ihn zu einer lohnenswerten Lektüre macht. Und ich würde auch nicht so weit gehen, dass ich mich durch den Roman hätte „durchkämpfen“ müssen. Ich finde nur, der Roman hätte etwas leserfreundlicher aufgebaut sein können. Eine Bewertung von 4 von 6 Sternen geht sich aber aus. Allein der tolle Schluss rund um die Orion-Schwestern und der Ausblick im Epilog auf das nächste „Rise oft he Federation“-Abenteuer werten den Roman noch mal etwas auf.

4stars