Erinnert ihr euch noch an die klassische Star Trek-Folge „Der erste Krieg“? In dieser Staffel-2-Episode besuchte Captain Kirk den Planeten Neural, auf dem er schon einmal vor 13 Jahren als junger Lieutenant gewesen war. Damals schwärmte er von den paradiesischen Zuständen und dem friedlichen Zusammenleben von Hügelbewohnern und Dorfbewohnern. Doch bei seinem neuerlichen Besuch muss er feststellen, dass die Hügelbewohner ihren weiterhin friedliebenden Nachbarn auflauern – bewaffnet mit Gewehren, die die Bewohner des Planeten nach ihrem natürlichen Entwicklungsstand gar nicht haben dürften! Captain Kirk findet heraus, dass die Klingonen heimlich diese Waffen den Dorfbewohnern zur Verfügung gestellt haben. Eingeengt von den Bestimmungen der Nichteinmischungsdirektive, endet die Folge damit, dass Kirk das Gleichgewicht der Kräfte wiederherstellt, indem er den Hügelbewohnern „Schlangen für das Paradies“ liefert: Gewehre, mit denen sie sich gegen die von den Klingonen unterstützten Dorfbewohnern verteidigen können.
Jeff Mariottes Roman „Serpents in the Garden“ erzählt nun die Fortsetzung dieser Folge. Zeitlich angesiedelt ist sie wieder ein paar Jahre später nach Kirks letztem Besuch, in der Zeit zwischen dem Ende der Serie und dem ersten Star Trek-Kinofilm. Während die Enterprise im Orbit der Erde umgebaut wird, kommt Admiral Kirk zu Ohren, dass im Raumsektor von Neural verstärkt klingonischer Raumschiffverkehr registriert wird. Warum die Klingonen schon Jahre zuvor Interesse an der Aufrüstung der einheimischen Dorfbewohner hatten, konnte Kirk damals nicht aufklären. Eine Versäumnis, das er diesmal nachholen will und so bricht er zusammen mit einem kleinen Außenteam – neben ihm noch sein Adjutant und zwei Sicherheitsoffiziere – nach Neural auf. Dort muss Kirk feststellen, dass sich die Lage alles andere als verbessert hat. Die Hügelbewohner und umliegende Stämme haben sich zusammengeschlossen eine Fort-artige Stadt namens „Freehold“ erbaut, während aus dem Dorf eine industrialisierte Stadt namens „Victory“ geworden ist. Diese lauern den Freehold-Bewohnern auf, verschleppen sie und zwingen sie, in einem Bergwerk zu schuften. Und mit diesem Bergwerk scheint sich auch das Interesse der Klingonen für den Planeten Neural zu erklären.
Kirk und seinem Team bleiben nur wenige Wochen, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Doch ist es überhaupt möglich, dass der Krieg zwischen den Bewohnern von Freehold und Victory jemals wieder beigelegt werden kann? Zu viel böses Blut scheint – im wahrsten Sinne des Wortes – vergossen worden zu sein.
Fazit: „Serpents in the Garden“ ist richtig gut zum Entspannen geeignet, die perfekte Sommerlektüre. Für Trekkies bietet die Story eine Fortsetzung einer jener TOS-Folgen, die an ihrem Schluss sehr offen geblieben ist. „Serpents in the Garden“ liefert nun den Abschluss der Geschichte nach. Abgesehen zu den natürlich nötigen Verweisen auf „Der erste Krieg“ kommt der Roman aber so ziemlich komplett ohne aufdringliche Querverweise zu anderen Star Trek-Serien aus. Das ist eine Seltenheit bei den neueren Star Trek-Romanen und mal wirklich erfrischend. Daher ist Jeff Mariottes Roman auch sehr gut geeignet für Leser, die sonst gar nichts mit Star Trek am Hut haben. Nicht einmal die zugrunde liegende TOS-Folge muss man gesehen haben, da Mariotte sehr früh die damaligen Ereignisse rekapituliert und das Interesse weckt, mal wieder nachzusehen, wie sich die Dinge auf Neural entwickelt haben. Da abgesehen von Kirk kein anderer Hauptcharakter der klassichen Star Trek-Serie eine größere Rolle spielt (Scotty, Uhura und Chekov haben durchaus gelungene aber nicht wirklich relevante Kurzauftritte), verwendet Mariotte ohnedies viel Zeit auf die Vorstellung der Charaktere. Sowohl die Bewohner Neurals als auch Kirks Begleiter bekommen sehr viel Aufmerksamkeit.
Einige bekannte Charaktere aus der Folge „Der erste Krieg“ spielen auch in „Serpents in the Garden“ eine entscheidende Rolle. Zu diesem Charakteren zählen der Anführer der Hügelbewohner, Tyree, der Anführer der Dorfbewohner, Apella, und der klingonische Commander Krell.
Dem vielleicht nicht sonderlich Star Trek-kundigen Leser kommt auch zugute, dass die Story wirklich „low-tech“ ist. Kommunikatoren und Phaser werden zwar mitgenommen, aber schnell versteckt und zurückgelassen so dass Kirk & Co ausschließlich „altmodische“ Methoden zur Kommunikation und Verteidigung anwenden müssen. Was die altmodische Verteidigung angeht, muss allerdings auch Kritik erlaubt sein: Faustkämpfe und Schusswechsel dauern etwas lange an und trotzdem relativ ereignisarm. Während der Großteil des Romans sich auf Erkundung und Nachforschungen beschränkt, gibt es vor allem gegen Ende eine wirklich gewaltige Action-Sequenz. Hier merkt man deutlich, dass es der Beschreibung des Kampfgeschehens an Dynamik fehlt. Eine Kürzung hier und da wäre nicht schlecht gewesen. Am einfachsten hätte sich das durch Herausstreichen einer Parallelhandlung erreichen lassen, in der es um ein an Romeo und Julia erinnerndes Pärchen geht. Für die Haupthandlung spielen die beiden Charaktere keine Rolle. Ich hatte beim Lesen fast das Gefühl, der Autor habe diese Nebenhandlung nur reingeschrieben für den Fall, dass er leicht etwas rauslöschen muss, sollte der Roman zu lang werden.
Nicht alle Action-Sequenzen sind jedoch von der langatmigen Sorte. Gegen Ende gibt es auch einen schönen Raumschiffkampf und den hat Mariotte wirklich sehr spannend hinbekommen.
Bewertung: Es gibt viele Fans, die bei den neueren Star Trek-Romanen die Querverweise und die sogar reihenübergreifenden Handlungen besonders schätzen. Mir persönlich ist das bei den Romanen zu den im 24. Jahrhundert angesiedelten Serien schon zu viel geworden und daher lese ich von den neueren Romanen fast nur noch solche zur klassischen Serie und „Enterprise“. Der Roman „Serpents in the Garden“ ist daher wie maßgeschneidert für mich: Er baut zwar auf den Ereignissen einer spezifischen TOS-Folge auf, aber steht ansonsten für sich alleine und funktioniert von Beginn bis (zum vielleicht etwas zu glatten) Schluss. Die Charaktere sind gut beschrieben, vor allem Kirk wird naturgemäß bei dieser Ausgangslage viel Platz gewidmet. Schon „Der erste Krieg“ hat uns einen sehr nachdenklichen Captain am Schluss gezeigt und „Serpents in the Garden“ beschreibt einen noch etwas reiferen Jim Kirk, auf halben Weg zwischen dem Draufgänger aus TOS und dem Admiral der Movie-Ära, der auf eine Entscheidung zurückblickt, die sich – wie eigentlich insgeheim von ihm erwartet – nicht als die beste herausgestellt hat.
Der Roman unterhält ganz gut, mit ein paar erwähnten Abstrichen. Nicht immer ist das Erzähltempo hoch – was auch daran liegt, dass der Roman von Ereignissen erzählt, die sich über mehrere Wochen hinweg ereignen. Aber besonders Fans der alten Serie dürfte „Serpents in the Garden“ gefallen. Ich gebe gute 4 Sterne für eine meistens angenehm zu lesende und geradlinig erzählte Geschichte.