Rezension: TOS – “Serpents in the Garden“

Erinnert ihr euch noch an die klassische Star Trek-Folge „Der erste Krieg“? In dieser Staffel-2-Episode besuchte Captain Kirk den Planeten Neural, auf dem er schon einmal vor 13 Jahren als junger Lieutenant gewesen war. Damals schwärmte er von den paradiesischen Zuständen und dem friedlichen Zusammenleben von Hügelbewohnern und Dorfbewohnern. Doch bei seinem neuerlichen Besuch muss er feststellen, dass die Hügelbewohner ihren weiterhin friedliebenden Nachbarn auflauern – bewaffnet mit Gewehren, die die Bewohner des Planeten nach ihrem natürlichen Entwicklungsstand gar nicht haben dürften! Captain Kirk findet heraus, dass die Klingonen heimlich diese Waffen den Dorfbewohnern zur Verfügung gestellt haben. Eingeengt von den Bestimmungen der Nichteinmischungsdirektive, endet die Folge damit, dass Kirk das Gleichgewicht der Kräfte wiederherstellt, indem er  den Hügelbewohnern „Schlangen für das Paradies“ liefert: Gewehre, mit denen sie sich gegen die von den Klingonen unterstützten Dorfbewohnern verteidigen können.

Serpents in the Garden

Jeff Mariottes Roman „Serpents in the Garden“ erzählt nun die Fortsetzung dieser Folge. Zeitlich angesiedelt ist sie wieder ein paar Jahre später nach Kirks letztem Besuch, in der Zeit zwischen dem Ende der Serie und dem ersten Star Trek-Kinofilm. Während die Enterprise im Orbit der Erde umgebaut wird, kommt Admiral Kirk zu Ohren, dass im Raumsektor von Neural verstärkt klingonischer Raumschiffverkehr registriert wird. Warum die Klingonen schon Jahre zuvor Interesse an der Aufrüstung der einheimischen Dorfbewohner hatten, konnte Kirk damals nicht aufklären. Eine Versäumnis, das er diesmal nachholen will und so bricht er zusammen mit einem kleinen Außenteam – neben ihm noch sein Adjutant und zwei Sicherheitsoffiziere – nach Neural auf. Dort muss Kirk feststellen, dass sich die Lage alles andere als verbessert hat. Die Hügelbewohner und umliegende Stämme haben sich zusammengeschlossen eine Fort-artige Stadt namens „Freehold“ erbaut, während aus dem Dorf eine industrialisierte Stadt namens „Victory“ geworden ist. Diese lauern den Freehold-Bewohnern auf, verschleppen sie und zwingen sie, in einem Bergwerk zu schuften. Und mit diesem Bergwerk scheint sich auch das Interesse der Klingonen für den Planeten Neural zu erklären.

Kirk und seinem Team bleiben nur wenige Wochen, um alles wieder in Ordnung zu bringen. Doch ist es überhaupt möglich, dass der Krieg zwischen den Bewohnern von Freehold und Victory jemals wieder beigelegt werden kann? Zu viel böses Blut scheint – im wahrsten Sinne des Wortes – vergossen worden zu sein.

Fazit: „Serpents in the Garden“ ist richtig gut zum Entspannen geeignet, die perfekte Sommerlektüre. Für Trekkies bietet die Story eine Fortsetzung einer jener TOS-Folgen, die an ihrem Schluss sehr offen geblieben ist. „Serpents in the Garden“ liefert nun den Abschluss der Geschichte nach. Abgesehen zu den natürlich nötigen Verweisen auf „Der erste Krieg“ kommt der Roman aber so ziemlich komplett ohne aufdringliche Querverweise zu anderen Star Trek-Serien aus. Das ist eine Seltenheit bei den neueren Star Trek-Romanen und mal wirklich erfrischend. Daher ist Jeff Mariottes Roman auch sehr gut geeignet für Leser, die sonst gar nichts mit Star Trek am Hut haben. Nicht einmal die zugrunde liegende TOS-Folge muss man gesehen haben, da Mariotte sehr früh die damaligen Ereignisse rekapituliert und das Interesse weckt, mal wieder nachzusehen, wie sich die Dinge auf Neural entwickelt haben. Da abgesehen von Kirk kein anderer Hauptcharakter der klassichen Star Trek-Serie eine größere Rolle spielt (Scotty, Uhura und Chekov haben durchaus gelungene aber nicht wirklich relevante Kurzauftritte), verwendet Mariotte ohnedies viel Zeit auf die Vorstellung der Charaktere. Sowohl die Bewohner Neurals als auch Kirks Begleiter bekommen sehr viel Aufmerksamkeit.

Einige bekannte Charaktere aus der Folge „Der erste Krieg“ spielen auch in „Serpents in the Garden“ eine entscheidende Rolle. Zu diesem Charakteren zählen der Anführer der Hügelbewohner, Tyree, der Anführer der Dorfbewohner, Apella, und der klingonische Commander Krell.

Dem vielleicht nicht sonderlich Star Trek-kundigen Leser kommt auch zugute, dass die Story wirklich „low-tech“ ist. Kommunikatoren und Phaser werden zwar mitgenommen, aber schnell versteckt und zurückgelassen so dass Kirk & Co ausschließlich „altmodische“ Methoden zur Kommunikation und Verteidigung anwenden müssen. Was die altmodische Verteidigung angeht, muss allerdings auch Kritik erlaubt sein: Faustkämpfe und Schusswechsel dauern etwas lange an und trotzdem relativ ereignisarm. Während der Großteil des Romans sich auf Erkundung und Nachforschungen beschränkt, gibt es vor allem gegen Ende eine wirklich gewaltige Action-Sequenz. Hier merkt man deutlich, dass es der Beschreibung des Kampfgeschehens an Dynamik fehlt. Eine Kürzung hier und da wäre nicht schlecht gewesen. Am einfachsten hätte sich das durch Herausstreichen einer Parallelhandlung erreichen lassen, in der es um ein an Romeo und Julia erinnerndes Pärchen geht. Für die Haupthandlung spielen die beiden Charaktere keine Rolle. Ich hatte beim Lesen fast das Gefühl, der Autor habe diese Nebenhandlung nur reingeschrieben für den Fall, dass er leicht etwas rauslöschen muss, sollte der Roman zu lang werden.

Nicht alle Action-Sequenzen sind jedoch von der langatmigen Sorte. Gegen Ende gibt es auch einen schönen Raumschiffkampf und den hat Mariotte wirklich sehr spannend hinbekommen.

Bewertung: Es gibt viele Fans, die bei den neueren Star Trek-Romanen die Querverweise und die sogar reihenübergreifenden Handlungen besonders schätzen. Mir persönlich ist das bei den Romanen zu den im 24. Jahrhundert angesiedelten Serien schon zu viel geworden und daher lese ich von den neueren Romanen fast nur noch solche zur klassischen Serie und „Enterprise“. Der Roman „Serpents in the Garden“ ist daher wie maßgeschneidert für mich: Er baut zwar auf den Ereignissen einer spezifischen TOS-Folge auf, aber steht ansonsten für sich alleine und funktioniert von Beginn bis (zum vielleicht etwas zu glatten) Schluss. Die Charaktere sind gut beschrieben, vor allem Kirk wird naturgemäß bei dieser Ausgangslage viel Platz gewidmet. Schon „Der erste Krieg“ hat uns einen sehr nachdenklichen Captain am Schluss gezeigt und „Serpents in the Garden“ beschreibt einen noch etwas reiferen Jim Kirk, auf halben Weg zwischen dem Draufgänger aus TOS und dem Admiral der Movie-Ära, der auf eine Entscheidung zurückblickt, die sich – wie eigentlich insgeheim von ihm erwartet – nicht als die beste herausgestellt hat.

Der Roman unterhält ganz gut, mit ein paar erwähnten Abstrichen. Nicht immer ist das Erzähltempo hoch – was auch daran liegt, dass der Roman von Ereignissen erzählt, die sich über mehrere Wochen hinweg ereignen. Aber besonders Fans der alten Serie dürfte „Serpents in the Garden“ gefallen. Ich gebe gute 4 Sterne für eine meistens angenehm zu lesende und geradlinig erzählte Geschichte.

4stars

 

 

Rezension: TOS – “Der letzte Schachzug”

Ich hatte mal wieder Lust auf einen echten Klassiker unter den Star Trek-Romanen und habe zu einem alten TOS-Roman gegriffen, den ich zuletzt vor ca. 15 Jahren gelesen hatte. John M. Fords „Der letzte Schachzug“ stammt aus dem Jahre 1984 und als langjähriger Star Trek-Fan muss man sich bei einem so alten Roman natürlich darauf einstellen, dass nicht alles so dargestellt wird, wie man es aus späteren Inkarnationen von „Star Trek“ kennt. Aber gerade das macht auch den Reiz aus, mal zu sehen, was sich Kreative Jahre vorher zu gewissen Themen ausgedacht haben. Das Hauptthema von „Der letzte Schachzug“: die Kultur der Klingonen!

Man muss sich zuerst einmal die Frage stellen: Was war „Star Trek“ im Jahr 1984? Die Antwort darauf: Drei Staffeln einer Fernsehserie, in der die Klingonen als wiederkehrende Konkurrenten von Captain Kirk & Co entsprechend vorrangig die Schurkenrolle spielten sowie zwei Kinofilme, in denen Klingonen eine kleine Nebenrolle hatten. Also nicht sehr viel Material, das den Autor eingeschränkt hätte und so darf es nicht verwundern, wenn die Kultur der Klingonen hier recht unüblich aber äußerst interessant dargestellt wird.

Es würde das Ausmaß der Rezension sprengen, wenn ich auf jedes Detail eingehen würde, nur soviel zusammengefasst: Die Klingonen sind hier nicht die klischeehaften Weltraum-Wikinger, die in gefühlt jedem zweiten Satz das Wort „Ehre“ einbauen. Stattdessen blickt man etwas hinter die Kulissen und auch ins Zivilleben einer fortschrittlichen Kultur, die sich an Schach-ähnlichen Spielen (in Form eines Brettspiels bis zur Variante in einer großen Arena mit echten Akteuren) erfreut, Bequemlichkeit schätzt und zumindest in ihrer intriganten Führungsriege äußerst dekadent rüberkommt. Dabei aber – unter gewissen Auflagen – nichts gegen Fremde innerhalb der Grenzen des Imperiums einzuwenden hat. Dem gegenüber steht ein imperialer Geheimdienst, der im Hintergrund agiert und Offiziere für seine Zwecke rekrutiert und dem Wirken des einen oder anderen Gedankenadmirals oder -generals zum Wohle des Imperiums entgegenarbeitet.

In dieser Welt ist der Waisenjunge Vrenn ein Kämpfer in der Klin Zha-Arena. In der lebensgroßen Variante des klingonischen Schachspiels vollbringt der junge Mann zusammen mit seinem Team erstaunliche Leistungen und erweckt die Aufmerksamkeit von General Kethas. Der General und Klin Zha-Meister adoptiert Vrenn und bringt ihm nicht nur die Feinheiten des Spiels bei, sondern im selben Zug auch die Fähigkeiten, die Vrenn später in der Imperialen Flotte erfolgreich sein lassen.

Der Roman erstreckt sich über mehrere Jahre in denen der Leser miterlebt, wie aus Vrenn schließlich Krenn wird, er gezwungen wird, seinen Adoptivvater zu verleugnen und er zu einem erfolgreichen Raumschiff-Captain in den Randsektoren des Imperiums wird, wo er gegen Pseudoherrscher und Kinshaya im Kampf besteht und zur „Belohnung“ auf eine einzigartige, mehrere Monate andauernde Mission geschickt wird: Krenn soll mit seinem Schiff zur Erde fliegen und dort den künftigen Föderationsbotschafter auf Klinzhai (der klingonischen Heimatwelt) abholen und selbst während seines Aufenthalts auf der Erde als offizieller Abgesandter des Imperiums bei mehreren Anlässen auftreten. Während der künftige Föderationsbotschafter sich trotz – aus Krenns Sicht – eigenartiger Ansichten mit dem Klingonen anfreunden kann, muss Krenn auf der Erde bemerken, dass nicht alle Menschen den klingonischen Nachbarn gegenüber so aufgeschlossen sind.

Fazit: „Der letzte Schachzug“ ist ein Roman in einem Roman. Eingebettet in die Zeit der TOS-Movie-Ära ist „Der letzte Schachzug“ ein populärer Roman an Bord der Enterprise, der schließlich auch von Captain Kirk gelesen wird. Wie erwähnt oblag es den Klingonen bislang im Star Trek-Universum einfach nur die übliche Schurkenrolle zu spielen und so gefällt es, dass auch Captain Kirk sich am Ende sehr beeindruckt von diesem Einblick in die „wahre“ klingonische Lebensweise zeigt und gewisse Ansichten überdenkt. Vor allem da „Der letzte Schachzug“ auch kein gutes Licht auf die Sternenflotte wirft. (Hier ähnelt die Geschichte etwas dem sechsten Star Trek-Kinofilm „Das unentdeckte Land“.)

Der Roman im Roman erzählt eine Geschichte, die um die fünfzig Jahre vor den Ereignissen dieser Rahmengeschichte angesiedelt ist und wenngleich nicht direkt Jahreszahlen genannt werden (die waren damals für TOS auch noch gar nicht definiert) merkt man aufgrund einiger Angaben, dass sich Ereignisse entgegen späterer Festlegung doch deutlich früher ereignet haben, so wie z.B. die Gründung der Föderation. Das verwundert aber nicht, wenn man sich mal die Schiffsklassen ansieht, die John M. Ford hier verwendet. Die Baton Rouge-Klasse oder die Mann-Klasse der Föderation findet man im 1980 erschienen Sachbuch „Spaceflight Chronology“, einem aus der Perspektive des Star Trek-Universums verfassten Geschichtsbuch, in dem es um die Entwicklung der Raumfahrt von 1957 bis 2215 geht und die Abenteuer von Captain Kirk & Co zeitlich ganz am Beginn des 23. Jahrhunderts ansiedelt. „Spaceflight Chronology“ ist natürlich vom späteren „Star Trek“ genauso überholt worden wie „Der letzte Schachzug“, aber aus der Perspektive von Ford im Jahr 1984 war es ganz sicher die vernünftige Entscheidung, seinen Roman auf die Basis dieses Sachbuchs zu stellen.

Klingonische Kultur und Datierung und Ablauf historischer Ereignisse der Föderation weichen in „Der letzte Schachzug“ also ganz schön weit von später etablierten Fakten ab, aber das macht den Roman (und auch „Spaceflight Chronology“ neben viele weiteren Star Trek-Büchern der 80er-Jahre) nur umso interessanter. Sofern man nicht grundsätzlich alles ablehnt, was durch den späteren Star Trek-Canon inzwischen „veraltet“ ist, ist „Der letzte Schachzug“ eine kompakte Zusammenfassung über eine ganz andere Möglichkeit, die klingonische Spezies darzustellen bevor die Film- und Serienproduzenten ihren eigenen Weg eingeschlagen haben um das Star Trek-Universum nach ihren eigenen Vorstellungen zu definieren. Das wertet John M. Fords Version aber meiner Meinung nach nicht ab, denn insgesamt ist „Der letzte Schachzug“ ein sehr außergewöhnlicher Roman. Nicht nur aufgrund erwähnter „Roman-im-Roman“-Struktur, sondern auch aufgrund der erzählten Handlung, die sehr biographisch erscheint. Zugegeben: Einen von Anfang bis Ende durchgehenden und aufbauenden Spannungsbogen gibt es nicht. Dafür steht der Charakter Krenn/Vrenn und dessen Entwicklung und Verhalten im Lauf eines längeren Lebensabschnitts im Mittelpunkt. Durch seine Augen lernt man als Leser diese von Ford dargestellte Welt der Klingonen (und auch der Föderation/Erde) kennen, der Autor hat aber ein gutes Gespür dafür, wie viel er offenbart. Man merkt, wie er bewusst einige Dinge einfach nur als für Klingonen normal darstellt, was sie aus Sicht des menschlichen Lesers wiederum fremdartig erscheinen lässt. Seien es kryptische Wortwechsel oder hier und da eine nicht übersetzte Zeile auf Klingonisch, deren Bedeutung man erahnt aber vielleicht nicht ganz sicher sein kann.

Bewertung: Die Erwartungshaltung bei diesem Roman ist sicher wichtig. Als ich ihn vor rund 15 Jahre gelesen habe, war ich gerade mal seit ein paar Jahre Star Trek-Fan und habe den Roman wohl völlig ohne Erwartungshaltung gelesen. Obwohl seither so viel Zeit vergangen ist, ist mir der Roman immer als sehr guter Star Trek-Roman in Erinnerung geblieben und beim neuerlichen Lesen im vergangenen Monat war ich doch erstaunt, wie gut ich mich an die Handlung und sogar viele Passagen noch erinnern konnte! Wie damals hat mir „Der letzte Schachzug“ auch diesmal wieder sehr gut gefallen und ich bewerte ihn mit 5 von 6 Sternen. Noch besser hätte er mir gefallen, wenn es einen früher einsetzenden Spannungsbogen gegeben hätte, aber der Roman ist trotzdem weit mehr als nur die Biographie eines Klingonen und bedenkt man, welch großen Zeitraum die Geschehnisse abdecken, ist der Roman gar nicht so umfangreich. Man wandert an Krenns Seite schon in hohem Tempo durch die Geschehnisse.

5stars

Anmerkung: Obwohl die Darstellung der Klingonen in „Der letzte Schachzug“ inzwischen überholt ist, haben sich doch auch neuere Star Trek-Romane bei Fords Roman bedient. Vor allem in Keith R.A. DeCandidos Romanen (I.K.S. Gorkon-Reihe) findet man viele Elemente aus Fords Roman, wie den Imperialen Geheimdienst, den „Schlachtkreuzer Rache“, Klin Zha oder die Kinshaya.

 

Rezension: TOS:SFA – “Cadet Kirk“

Drei „Starfleet Academy“-Romane zur klassischen Star Trek-Serie existieren und da in den ersten beiden jeweils einmal Spock und einmal McCoy im Rampenlicht stehen durften, ist der abschließende Roman der Reihe natürlich eine Geschichte, in der es um James T. Kirk, den späteren Captain der Enterprise, geht. Wobei ein wenig seltsam ist dieser Roman in dieser Hinsicht schon geworden. Aber alles schön der Reihe nach; zuerst eine kurze Zusammenfassung.

cadet_kirk

Der Roman beginnt schon mal mit einer äußerst amüsanten Szene in der Kadett Leonard McCoy – inzwischen ein Ensign – mit einem jüngeren Kadetten darüber streitet, ob er an Bord eines bereitstehenden Shuttles gehen darf oder sich seinen Allerwertesten im Freien davor abfrieren muss. 😀 Erst das Auftauchen von Ensign Spock beendet den Streit, denn dieser übergibt den Kadetten offiziell seine neuen und höchst deprimierenden Befehle: Anstatt einen angesehenen Prominenten zu einer auf Cambria stattfindenden Konferenz zu fliegen, sind die beiden Ensigns Spock und McCoy die Einzigen, die Kadett James T. Kirk dorthin chauffieren darf. Nach dem Streitgespräch betreffend diese Befehle hatte Kirk also nicht gerade den besten Start. Doch was ein langweiliger Routineflug zu werden scheint, entpuppt sich schließlich als große Herausforderung für das Trio, als sie am Atlantis-Außenposten vorbei fliegen. Vom Außenposten ausgehend reißt ein starker Traktorstrahl das Shuttle aus der Lichtgeschwindigkeit und zerrt es zum Planeten. Nach einer Bruchlandung dort stellt sich heraus, dass einige Gauner den Außenposten übernommen haben mit der Absicht, den Prominenten, der sich eigentlich an Bord des Shuttles hätte befinden sollen, zu entführen. Die drei jungen Kadetten stehen vor ihrer bislang größten Bewährungsprobe: Hoffnungslos in der Unterzahl und ohne Waffen müssen sie ihren Streit beilegen und zusammenarbeiten um aus dieser prekären Lage wieder herauszukommen.

Fazit: Vorweg das Wichtigste: „Cadet Kirk“ ist ein sehr unterhaltsamer Roman mit der eindeutig spannendsten und action-reichsten Story der drei TOS-Academy-Romane. Im Gegensatz zum ersten Roman „Crisis on Vulcan“ ist er deutlich handlungsorientierter und im Gegensatz zu „Aftershock“ keine Aneinanderreihung einzelner Abenteuer sondern wirklich mit einem guten dramaturgischen Spannungsbogen ausgestattet. Zudem sind die Dialoge zwischen Spock und McCoy wieder einmal Gold wert und auch der Beginn mit dem Wortgefecht zwischen McCoy und Kirk ist sehr lustig zu lesen, wirft aber bereits einen düsteren Schatten voraus. Und so leite ich über zum Schwachpunkt von „Cadet Kirk“: der Kadett Kirk! Und das überraschte mich dann doch sehr, denn Autorin Diane Carey hat nur vier Jahre vor diesem Academy-Roman den TOS-Roman „Best Destiny“/“Kirks Bestimmung“ geschrieben, der wirklich ein maßgebendes Werk betreffend die Charakterisierung von James T. Kirk in jungen Jahren (vor seinem Eintritt in die Sternenflottenakademie) ist und die sich auch stark z.B. im elften Star Trek-Kinofilm so wiederfindet: ein junger, aufmüpfiger Mann, der mit der Herausforderung wächst und fähig zu Improvisation und kreativem Denken ist. Was sie aus Kirk am Beginn des Academy-Romans macht, scheint hingegen wie ein totaler Widerspruch zu Careys früherem Werk. Hier ist Kirk plötzlich ein Paragraphenreiter zum Quadrat!

Zugestanden: Es gibt zwei Aussagen in der klassischen Serie, die ihm zumindest bescheinigen, dass er ein sehr lernbegieriger Kadett war, aber Careys Interpretation dieser Aussagen will so gar nicht recht zu ihrem James T. Kirk passen, den sie in „Best Destiny“ beschrieb, der wiederum wahrscheinlich aufgrund einer weiteren Aussage aus der Serie als „schlimmer Finger“ dargestellt wurde. Zumindest versucht Carey beide Darstellungen in ihrem Academy-Roman unterzubringen, was aber zu seltsamen Widersprüchen führt. Am Beginn des Romans ist Kirk wie erwähnt pflichtbesessen und gewillt, Order buchstabengetreu auszuführen. Dann ein paar Seiten später, als das Shuttle vom Traktorstrahl erfasst wird, schlägt er plötzlich ein waghalsiges Manöver vor. Eine Seite später sagt er, er müsse sich an die Vorschriften halten, nur um wiederum eine Seite später ein noch riskanteres Manöver vorzuschlagen. Kirks späteres Hadern damit, dass jede seiner regelkonformen Entscheidungen während der Mission ihn in nur noch größere Schwierigkeiten gebracht hat, mag zwar angedacht gewesen sein zu zeigen, wie aus einem grünen Kadetten der risikobereite Captain Kirk wird. Aber anderseits ist seine Retrospektive nicht ganz ehrlich, denn eigentlich handelte er gar nicht besonders oft nach Vorschrift.

Ganz klar ist die Entwicklung, die dieser Charakter nimmt, also nicht. Leider fehlt aufgrund eines weiteren Kuriosums weitestgehend der Einblick in Kirks Motivationen. Denn waren die ersten beiden Academy-Romane noch aus der Perspektive des jeweiligen Hauptcharakters beschrieben, so spielt sich in „Cadet Kirk“ das ganze Geschehen aus der Perspektive von Leonard McCoy ab! Das erhöht den Humorgehalt des Romans, aber wie gesagt hilft es nicht gerade dabei, James T. Kirks widersprüchliches Handeln immer zu verstehen.

Bewertung: Der sonderbaren Darstellung Kirks habe ich jetzt einen großen Teil dieser Rezension gewidmet und das wirft doch ein ziemlich schlechtes Licht auf den Roman. Aber so schlecht ist er wirklich nicht und wenn er nicht „Cadet Kirk“ heißen würde, wäre ich wahrscheinlich gar nicht so stark auf Kirks Charakterisierung eingegangen und hätte weniger Vergleiche mit Careys Roman „Best Destiny“ gezogen. Der Roman ist definitiv unterhaltsam, die Story ist gut, die Dialoge sind witzig und passend zu den Charakteren. Neben den üblichen Spock/McCoy-Momenten gibt es auch erwähnenswerte Auseinandersetzungen zwischen Kirk und Spock, die sehr an den elften Star Trek-Kinofilm erinnern. In beiden Geschichten ist Spock ranghöher als Kirk während sie mit einer Krisensituation umgehen müssen.

„Cadet Kirk“ erhält von mir solide 4 Sterne. Hätte sich Carey auf eine Art der Charakterisierung Kirks festgelegt oder einen besseren Mittelweg gefunden, wie sie die differenzierenden Beschreibungen des jungen Jim Kirks aus der TV-Serie unter einen Hut bringt, hätte dieser Roman wirklich das Highlight der Academy-Reihe werden können. So bleibt diese Ehre für mich aber dem ersten Roman „Crisis on Vulcan“ vorbehalten.

4stars